Nervös sei er nicht, sondern zuversichtlich vor dem nächsten Freitag, betont der Solothurner FDP-Nationalrat und Medtech-Unternehmer Simon Michel in der Samstagsrundschau von Radio SRF. Am Freitag soll der Bundesrat die wichtigsten Punkte eines neuen Pakets von bilateralen Verträgen mit der EU präsentieren.
Als Unternehmer und Präsident der Vereinigung «Progrès Suisse» engagiert sich Michel für die Weiterführung des bilateralen Weges mit der EU. Seine Branche, die Medizinaltechnik habe schmerzhaft erfahren müssen, was es heisst, wenn die Beziehungen zu den Nachbarstaaten leiden. Als der Bundesrat 2021 die Verhandlungen über das sogenannte Rahmenabkommen abbrach, musste die Branche alle ihre Produkte in der EU neu registrieren lassen. «Das ist ein bürokratischer Aufwand, der unnötig ist. Das wünsche ich keiner anderen Branche», meint Michel.
Die Medizinaltechnik-Unternehmen mit ihren vergleichsweise hohen Margen hätten das stemmen können. Ohne neue bilaterale Verträge drohe gleiches Ungemach 19 weiteren Branchen mit regulierten Produkten, die teils deutlich weniger flüssige Mittel hätten.
«Präferenzierte Zugang» sei zentral
Wer das Gefühl habe, die Schweiz führe gleich gut mit einem Freihandelsvertrag mit der EU, verkenne die Realität vieler exportorientierter KMU, meint der Unternehmer und nennt das Beispiel von Teddybären, die in der Schweiz produziert werden. Wenn diese von der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt getestet würden, könnten sie anschliessend in ganz Europa verkauft werden, aber nicht in Indien oder China, mit denen ein Freihandelsabkommen besteht. Dort müssten die Teddys erneut getestet werden, was für viele Schweizer KMU zu aufwändig sei.
Diesen «präferierten Zugang» zum EU-Binnenmarkt müsse die Schweiz unbedingt behalten, betont Michel. Den Kritikerinnen und Kritikern aus den Reihen der SVP und der sogenannten Kompass-Initiative, die betonten, künftig müsste die Schweiz EU-Regeln automatisch übernehmen, widerspricht Michel. Das sei reine Panikmache. Die meisten Regeln übernähme die Schweiz ohnehin. Und es gehe in den Verträgen nicht um Steuerregeln oder CO2-Gesetze, sondern um Produkteregulierung und um die Personenfreizügigkeit.
Zuwanderung steuern, aber nicht stoppen
«Die Zuwanderung mobilisiert natürlich sehr emotional, aber die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft braucht diese Zuwanderung», betont Michel. Ein grosser Teil der Mitarbeitenden in Spitälern, auf dem Bau oder im Gastgewerbe kämen heute aus dem Ausland. Wenn diese Leute wegfielen, litte die Schweiz wirtschaftlich, ist der Unternehmer überzeugt.
Unkontrolliert Menschen aus dem Ausland hineinlassen, das dürfen wir nicht.
Dass sich breite Teile der Bevölkerung Sorgen machen wegen der Zuwanderung, versteht er indes. «Wir haben 20 Jahre lang zu wenig in unsere Infrastruktur investiert, und ich bin absolut auch der Meinung, dass wir die Zuwanderung steuern müssen. Unkontrolliert Menschen aus dem Ausland hineinlassen, das dürfen wir nicht.» Der Weg, den die SVP mit ihrer «Nachhaltigkeitsinitiative» vorschlägt, nämlich dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung nicht über 10-Millionen anwächst, sei aber unethisch und nicht umsetzbar.
Stattdessen sei der SVP-Initiative ein «Vorschlag der Vernunft» gegenüber zu stellen. Denn eine Annahme der «Nachhaltigkeitsinitiative» würde die Personenfreizügigkeit in Frage stellen und entsprechend die bilateralen Verträge mit der EU obsolet machen.