Im Moment sei es noch kein Problem, dass der Schweizer Franken so stark ist, sagt Ökonom und Wirtschaftsberater Klaus Wellershoff. Im Vergleich zum Ausland gehe es den KMU gut. Der Experte erklärt, warum das so ist.
SRF News: Warum geht es der Schweizer Wirtschaft gut?
Klaus Wellershoff: Wenn man es etwas platt sagen will, würde man sagen, dass viele unserer KMU in den letzten Jahren wettbewerbsfähiger geworden sind. Sie haben an ihren Kosten gearbeitet, die Arbeitnehmer haben fleissig mitgeholfen. Die KMU sind produktiver geworden und können heute zu anderen Preisen am Markt agieren als vor ein paar Jahren.
Die Konkurrenten unserer KMU im Ausland mussten die Preise schon gewaltig anheben in diesem Jahr, weil sie in vielen Ländern höhere Löhne zahlen müssen.
Warum leiden Schweizer KMU nicht unter dem starken Franken?
Der Franken ist zwar stärker geworden, aber eigentlich nur im Rahmen dessen, was wir an tieferen Inflationsraten bei uns gesehen haben. Sprich: Die Konkurrenten unserer KMU im Ausland mussten die Preise schon gewaltig anheben in diesem Jahr, weil sie in vielen Ländern höhere Löhne zahlen müssen. Das ist den Schweizer KMU grösstenteils bisher erspart geblieben. Dadurch mussten sie die Preise nicht so weit anheben, wie das vielleicht die ausländische Konkurrenz getan hat.
Zynisch ausgedrückt: aktuell profitieren die Schweizer Exporteure von der Inflation?
Genau, wie immer eigentlich. Wenn wir uns das Modell Schweiz anschauen, dann machen wir das schon, seit die Wechselkurse freigegeben worden sind. Mitte der 1970er-Jahre haben wir eine Zentralbank gehabt, die Schweizer Nationalbank, die darauf geschaut hat, dass wir Preisstabilität haben, möglichst tiefe Inflationsraten. Das macht uns wettbewerbsfähiger. Über die Zeit frisst der Wechselkurs das aber, sodass der Franken tatsächlich teurer wird. Das ist das Erfolgsmodell Schweiz, was wir im Augenblick sehen.
KMU, die nichts importieren und alles hier herstellen, leiden aber doch unter dem starken Franken?
Man muss vorsichtig sein, nicht allzu pauschal zu sprechen. Diese Entwicklungen sind sektoral bestimmt auch unterschiedlich und sogar bei Produktgruppen unterschiedlich. Aber wenn wir uns Gedanken über Arbeitslosigkeit und Wachstum in der Schweiz machen, dann muss man schon das Ganze anschauen. Und im Gesamtbild sieht es immer noch ganz gut aus.
Wenn der Franken stärker wird, wird das Vermögen der Schweiz weniger wert.
Wenn der Franken noch stärker wird, wird es dann irgendwann schwierig für die KMU?
Es darf nie schnell und schlagartig gehen. Dagegen hat sich die Nationalbank in den letzten Jahren immer verwehrt. Das wird sie auch diesmal tun, ist meine Erwartung. Schon allein aus Eigeninteresse darf man nicht vergessen: Die Schweizer Nationalbank hat am Jahresanfang noch 1000 Milliarden Auslandsschulden gehabt. Und wenn der Franken stärker wird, wird natürlich dieses Vermögen weniger wert.
Das Halbjahresergebnis der Schweizer Nationalbank wird ein Desaster sein, das kann man jetzt schon sagen.
Was unternimmt die Schweizer Nationalbank, um den Franken nicht stärker werden zu lassen?
Wir müssen damit rechnen, dass sie weiter intervenieren wird. Das ist schade, sie schmeisst eigentlich gutes Geld schlechtem Geld hinterher. Die Devisenmarkt-Interventionspolitik kann kurzfristig funktionieren. Das ist eine Politik, die uns in die Sackgasse und zu ganz grossen Verlusten führt. Das werden wir in den nächsten Tagen übrigens hören. Deshalb Halbjahresergebnis der Schweizer Nationalbank wird ein Desaster sein, das kann man jetzt schon sagen.
Sie gehen davon aus, dass die Schweizer Nationalbank weiter Euro kauft?
Sie wird weiter Euro einkaufen und wenn nötig auch Dollar, damit diese Entwicklung nicht zu schnell geht.
Das Gespräch führte Nicolas Malzacher.