Die UBS startet mit 1.03 Milliarden Dollar Gewinn ins neue Jahr – mit deutlich weniger als im entsprechenden Vorjahresquartal. Derweil kam es bei der Credit Suisse zu Geldabflüssen von 61 Milliarden Franken. Der neue UBS-CEO Sergio Ermotti im Gespräch.
SRF News: Sergio Ermotti, Sie präsentieren heute durchzogene Zahlen. Der Gewinn hat sich halbiert. Wie ordnen Sie das ein?
Sergio Ermotti: Ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat. In den USA schliessen wir bald einen Rechtsfall nach 15 Jahren ab.
Was wichtig ist: Wir haben gesehen, dass uns die Kunden weiterhin vertrauen. Wir haben sehr viel Neugeld erhalten – auch nach Ankündigung der Credit-Suisse-Übernahme.
Ist dieser Zufluss von Neugeldern primär der Ausdruck des Vertrauens in die UBS, oder haben Sie auch davon profitiert, dass die CS-Kundinnen ihre Gelder bei der UBS deponierten?
Wir konnten von den Abflüssen der Credit Suisse nicht im grossen Stil profitieren. Unsere Zuflüsse kommen primär von anderen Banken und von neuen Kunden. Wir können aber deutlich zeigen, dass die Kundschaft in schwierigen Momenten die UBS als stabil erachtet. Nicht nur in der Schweiz, auch international. Diese Zuflüsse zeigen auch, dass wir genügend Konkurrenz haben. Auch in der Schweiz.
Also haben auch andere Banken von den CS-Abflüssen profitiert.
In der Schweiz haben andere Banken sicher mehr von den Abflüssen der CS profitiert als wir.
Kommen wir zur Übernahme der Credit Suisse. Die Schweiz legt die Zukunft der einzigen Grossbank nun in Ihre Hände. Wie wollen Sie das anpacken?
Das liegt nicht allein in meinen Händen. Ich bin in diesem Sinne wohl der Captain. Aber eine solche Aufgabe kann eine einzige Person nicht bewerkstelligen. Ich habe sehr gute Kollegen in der Geschäftsleitung. Und bald werden ein paar gute Kollegen von der CS zu uns stossen.
Eine solche Aufgabe kann eine einzige Person nicht bewerkstelligen.
Auch der Verwaltungsrat wird mir helfen, die Aufgabe zu meistern. Ich bin sehr zuversichtlich. Die Transaktion ist komplex, aber unsere Kunden und unsere Mitarbeiter werden lang- und mittelfristig profitieren.
Die CS ist in einer desolaten Lage. Kundinnen und Kunden laufen davon, auch Mitarbeiterinnen verlassen die Bank. Sie müssen aufs Tempo drücken, damit noch möglichst viel zu retten ist bei der CS.
Ja, und trotzdem: es braucht Zeit! Es gibt noch viel zu tun. In einem normalen Fall arbeitet man schon Monate vorher auf eine solche Transaktion hin. Uns blieben nur wenige Tage.
Nun brauchen wir ein paar Wochen, um die konkreten Pläne zu definieren. Ich werde dann mehr dazu sagen können. Auch, wie wir weiter vorgehen. Nachhaltigkeit ist ebenso wichtig wie Tempo.
Viele Menschen wünschen sich, dass die Schweizer Bank der CS möglichst selbständig bleibt. Oder dass sie zumindest als Bank in der Bank erhalten bleibt. Ist das eine Option?
Wir prüfen alle Optionen und fokussieren uns auf Fakten und nicht auf Emotionen. Wir werden schon das Richtige machen. Nicht nur im Interesse der Aktionäre, sondern auch im Interesse der Kunden und der Mitarbeiter.
Wir werden schon das Richtige machen.
Was wir machen, muss erklärbar und nachhaltig sein. Es sind noch sehr viele Fragen offen, und ich glaube, heute ist niemand in der Lage, eine definitive Antwort auf alle Fragen zu geben.
Sie schliessen es zumindest nicht aus, dass es die Credit Suisse Schweiz noch länger geben wird?
Das schliesse ich nicht aus. In den nächsten Monaten und Quartalen werden wir die zwei Brands und die zwei Banken nebeneinander führen. Es ist sehr wichtig, dass sich unsere Mitarbeiter bei der UBS als auch bei der CS weiterhin auf unsere Kunden fokussieren – und das Beste machen.
Das Gespräch führte Jan Baumann.