- Das Bezirksgericht Zürich hat Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz wegen mehrfacher Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung schuldig gesprochen. In mehreren Punkten wird er freigesprochen.
- Vincenz wird zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Er muss die Strafe absitzen.
- Ebenso ist Beat Stocker, der ehemalige Chef der Kreditkartenfirma Aduno, zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er kassiert den Schuldspruch bei den Unternehmenstransaktionen wegen Betrugs, versuchten Betrugs und ungetreuer Geschäftsbesorgung.
- Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig: Von mehreren Seiten ist Berufung angekündigt worden.
Laut Urteil gibt es zusätzliche Geldstrafen: Für Vincenz kommt eine bedingte Geldstrafe von 280 Tagessätzen zu 3000 Franken dazu. Ausserdem muss er der Raiffeisenbank 236'000 Franken zurückzahlen. Die Geldstrafe von Stocker von 160 Tagessätzen zu 3000 Franken wird aufgeschoben.
Richter kritisiert Stripclub-Besuche und «Beziehungspflege»
Das Bezirksgericht Zürich hat die Art der Spesenabrechnung von Vincenz bei der Urteilseröffnung harsch kritisiert. Die vielen Besuche in Stripclubs und Cabarets seien «nicht im Interesse der Raiffeisen» gewesen.
Auch Beziehungspflege hat Grenzen.
Dieses Verständnis, dass alle Auslagen unter Spesen fallen würden, gehe «deutlich zu weit», sagte der Richter. Auch Beziehungspflege habe Grenzen. Für das Bezirksgericht liegt diese Grenze bei 1000 Franken pro Lokal-Besuch, nicht mehr. Vincenz habe sich deshalb der ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig gemacht.
Auch bei einem Tinder-Date, das Vincenz als «Bewerbungsgespräch» bezeichnet hatte, und bei der Renovation eines verwüsteten Hotelzimmers habe Vincenz «seine Funktion verlassen». Er habe sich deshalb der Veruntreuung schuldig gemacht.
Bei den Firmenbeteiligungen habe Vincenz teilweise eine hohe kriminelle Energie bewiesen. Insgesamt sei sein Verschulden «erheblich». Er habe seine hohe Vertrauensposition missbraucht.
Man müsse ihm aber zugutehalten, dass keine «einfachen Bürger» geschädigt worden seien. Zudem habe die Raiffeisen intern keinen richtigen Kontrollmechanismus gehabt, so der Richter.
Verteidigung forderte Freispruch
Nach acht teilweise zähen Verhandlungstagen waren die Befragungen und Plädoyers am 22. März zu Ende gegangen.
Ich habe nichts Unrechtmässiges getan.
Auch in seinem Schlusswort hatte Pierin Vincenz betont, dass er in seinen 20 Jahren bei Raiffeisen zwar Fehler gemacht und manchmal übertrieben habe. Er habe aber «nichts Unrechtmässiges getan». Die Verteidiger der sieben Beschuldigten forderten vollumfängliche Freisprüche.
Umstrittene Firmenübernahme und Spesen
Die Anklageschrift umfasste 360 Seiten – darin sind verschiedene umstrittene Firmenübernahmen dokumentiert, sowie private Spesen, die vor allem Pierin Vincenz über die Bank abrechnen liess.
Die Staatsanwaltschaft erkannte darin ein kriminelles Muster. Denn die beiden Hauptangeklagten beteiligten sich an Firmen – ohne die Beteiligungen offenzulegen – und verkauften diese Firmen an Raiffeisen und Aduno. Mit der Trickserei machten die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft unrechtmässige Gewinne in Millionenhöhe und schädigten ihre Arbeitgeber.