Die Stille am Flughafen Zürich Kloten ist fast absolut. Nur noch wenige Male pro Tage hebt ein Passagierflugzeug ab oder kommt an. Was diese Stille für die Luftfracht bedeutet, weiss der Chef von Cargologic, Marco Gredig.
«Die Kapazität hat sich massiv verkleinert. Wir sind um rund 85 Prozent eingebrochen», sagt der Chef jener Firma, die mit 800 Mitarbeitern am Flughafen Zürich die Flieger mit Gütern belädt und entlädt.
Exportfirmen im Krisenmodus
Die Swiss trifft die aktuelle Situation besonders hart, wie Unternehmenssprecherin Karin Müller sagt. «Das Frachtgeschäft ist massiv zurückgegangen, weil wir keine reinen Frachtflugzeuge besitzen.»
Die Schweizer Exportfirmen befinden sich seit dem Quasi-Grounding der Passagierflugzeuge im Krisenmodus. «Auch Novartis spürt, dass auf einigen Routen die Kapazitäten um 90 Prozent reduziert wurden», sagt Marc Schmid, Chef Logistik Schweiz beim Pharmamulti.
Man sei derzeit täglich im Kontakt mit Airlines und Spediteuren, so Schmid wetier. Einen Courant normal gebe es nicht mehr. «Teilweise verkehren Frachtflugzeuge neu auf geänderten oder angepassten Routen. Oder es werden Passagierflugzeuge für Frachttransporte umgerüstet.»
So bringe man zum Beispiel in eine A340 zusätzliche 16 Tonnen Waren rein – zu den 24 Tonnen im Bauch des Flugzeugs, erklärt der Chef von Cargologic.
Genau das biete neu auch die Swiss an, so Müller. Man habe entschieden, ab sofort reine Frachtflüge mit den Passagiermaschinen anzubieten. «Wir versuchen, den Warenfluss innerhalb der Länder aufrechtzuerhalten und die Schweizer Exportindustrie zu unterstützen.»
Keine Frachtflugzeuge ab Zürich
Detlef Trefzger, CEO des globalen Logistikonzerns Kühne & Nagel, relativiert zur Umrüstung von Passagiermaschinen allerdings: «Das ist nicht die Regel. In den Medien wird das sehr schnell aufgegriffen. Aber wir haben nach wie vor hunderte von Frachtflugzeugen, die täglich um den Globus fliegen.»
Doch die Frachtflugzeuge heben kaum in Zürich ab. Doch auch so finden Spediteure wie Cargologic einen Weg: «Ein Teil wird per Lastwagen an die grossen Flughäfen wie Frankfurt gebracht und von dort in alle Welt geflogen», so Gredig.
Das funktioniere gut, sagt Trefzger, denn so werde auch in normalen Zeiten vorgegangen. «In der aktuellen Zeit hat es jedoch grössere Bedeutung erhalten.»
Kosten für Warentransporte explodieren
Die Kosten für die Sicherstellung der Lufttransporte in der aktuellen Coronavirus-Krise seien allerdings enorm, so Schmid von Novartis: «Auf einigen Routen sind die Transportkosten zwei- bis dreimal höher. Bei einigen Routen sind die Preise sogar um das Zehnfache gestiegen.»
Die höheren Preise betreffen alle Industrien, die exportieren und importieren. Weil sich Angebot und Nachfrage dauernd neu finden müssen, schwanken die Preise täglich.
Für ein gechartertes Frachtflugzeug zahle man – je nach Grösse – zwischen 400'000 und 1.1 Millionen Franken, sagt Schmid. Werden diese Zusatzkosten die Konsumenten zahlen? «Wir haben eine Task-Force gegründet. Wie wir mit diesen Kosten umgehen werden, ist noch Teil der Abklärungen.»
Die Corona-Krise stellt die Fracht-Logistik auf den Kopf. Trotzdem, sagen alle Beteiligten, die Krise habe auch ihr Gutes. Man rücke zusammen und suche gemeinsam nach Lösungen, wie die Güter weiterhin dorthin kämen, wo sie gebraucht werden.