Die «Flugscham» scheint die Rückkehr des Luftverkehrs nach der Corona-Pandemie kaum zu bremsen. Reiseanbieter melden trotz steigender Preise eine steigende Nachfrage. «Die Preise werden wohl noch einen Moment lang nach oben gehen», sagt Bernd Bauer, Chef der Fluggesellschaft Edelweiss und der deutschen Eurowings Discover, im «ECO Talk».
Dies unter anderem wegen des Personalmangels und den damit verbundenen Kapazitätseinschränkungen, die auf eine hohe Nachfrage treffen. Weitere Gründe seien steigende Preise für Kerosin und teurere Leistungen von Zulieferern.
Gleichzeitig kündigen die Fluggesellschaften an, klimaverträglicher zu werden. Bis das Fliegen aber klimaneutral ist, ist es noch ein langer Weg.
Alternative Treibstoffe sind noch zu teuer
Noch viel teurer sind zurzeit Treibstoffe, die das Klima schonen. Als wichtigste Massnahme, um CO₂-Emissionen zu senken, gelten biogene Treibstoffe: solche aus Biomasse, zum Beispiel aus Pflanzen, gebrauchtem Speiseöl und anderen Abfällen. Andererseits Treibstoffe, die mit erneuerbaren Energien oder Solarenergie hergestellt werden.
Die Fluggesellschaft Swiss fördert dies: Sie ist mit dem ETH-Spinoff Synhelion eine Partnerschaft eingegangen. Synhelion stellt E-Fuels aus Solarenergie und CO₂ her.
Bis solche Treibstoffe jedoch breitflächig auf den Markt kommen, wird es noch einige Zeit dauern. Heute werden sie erst in kleinen Mengen hergestellt und die Preise sind noch hoch: Biomasse-Treibstoffe seien ungefähr viermal teurer als herkömmliches Kerosin, sagt Edelweiss-Chef Bernd Bauer, «Solar-Treibstoffe» kosten sogar rund zehnmal mehr.
ETH-Klimaforscher Reto Knutti glaubt, ein wichtiges Instrument, um dies zu ändern, wäre es, die Beimischquoten zu erhöhen, also fossiles Kerosin mit synthetischem zu ergänzen: «Man müsste die Luftfahrt zwingen, die Prozentsätze zu erhöhen. Daraus ergäbe sich eine planbare Nachfrage.» Dann hätten die grossen Investoren ein Interesse an Milliarden-Investitionen für die Produktion von alternativen Treibstoffen.
Die Lufthansa-Gruppe habe für eine Viertelmilliarde Franken alternative Treibstoffe eingekauft, die in den nächsten Jahren vertankt werden sollen, entgegnet Bernd Bauer. Der Preisunterschied zum normalen Kerosin sei aber noch immer sehr hoch. «Wir sind deshalb darauf angewiesen, dass da auch unsere Passagiere mitmachen.»
Kompensationen werden nur mittelmässig genutzt
Wer fliegt, kann die schädlichen Klima-Emissionen seiner Reise kompensieren. So wird der CO₂-Ausgleich durch marktbasierte Instrumente bezeichnet. Die Fluggesellschaft Edelweiss bietet Kompensationsmöglichkeiten an, bei denen Klimaprojekte finanziert werden können.
Genutzt würden sie jedoch nur «mittelmässig», sagt Edelweiss-Chef Bauer. Heute kompensieren nur rund zwei bis drei Prozent der Passagiere ihre Flüge. Aviatik-Journalistin Laura Frommberg, Chefredaktorin von «Aerotelegraph» sagt, die Zahlen lägen weltweit sogar noch tiefer.
Bei Geschäftskunden sei der Kompensationswille höher, sagt Hotelplan-Chefin Laura Meyer. Dies, weil viele Firmen für ihre Flüge interne Auflagen definiert hätten. Zudem steige die Kompensationsbereitschaft bei Kunden, die ihre Reise in einem Reisebüro buchen. «Dort kann man ihnen erklären, für welche Projekte das Geld eingesetzt wird.»