Zum Inhalt springen

Weniger Engagement fürs Klima Konsumenten zögern bei CO₂-Kompensationen

In der Schweiz wird immer mehr konsumiert. Das belastet die Umwelt. Gleichzeitig nimmt die Bereitschaft ab, beim Einkauf freiwillig den eigenen CO₂-Ausstoss zu kompensieren. Das zeigen aktuelle Zahlen des grössten Online-Warenhauses der Schweiz.

Zölle, Handelskrieg oder Börsenturbulenzen – es sind diese Themen, die derzeit für die grossen Schlagzeilen sorgen. In den Hintergrund geraten ist hingegen der Klimaschutz. Das Thema rangiert aktuell nicht zuoberst auf der Agenda, nicht in der Politik, aber offenbar auch nicht bei den Konsumentinnen und Konsumenten.

Das zeigt eine Erhebung des Online-Warenhauses Digitec-Galaxus. Immer weniger Kundinnen und Kunden sind offenbar dazu bereit, ihre Bestellungen zu kompensieren, oder wie es Digitec-Galaxus formuliert: «freiwillig einen Klimabeitrag zu leisten».

Lagerhalle und Spedition von Digitec-Galaxus
Legende: Digitec-Galaxus: Im laufenden Jahr bezahlte die Schweizer Kundschaft bei rund zehn Prozent der Bestellungen einen freiwilligen Klimabeitrag. Keystone / Ennio Leanza

Im laufenden Jahr bezahlte die Schweizer Kundschaft bei rund zehn Prozent der Bestellungen einen freiwilligen Klimabeitrag. 2022 setzten Kundinnen und Kunden noch bei knapp zwölf Prozent aller Bestellungen ein Häkchen für den freiwilligen CO₂-Zustupf. Nachhaltiges Shoppen scheint aktuell nicht en vogue zu sein. Obwohl immer mehr konsumiert wird.

Das Leben wird immer teurer

Die Zahlen von Digitec-Galaxus sind relevant. Die Migros-Tochter ist das grösste Online-Warenhaus der Schweiz, mit einem stetig wachsenden Umsatz, der sich 2024 auf mehr als 3.2 Milliarden Franken belief. Europaweit kaufen 4.5 Millionen Kunden beim Detailhändler ein. Der Wind bei der CO₂-Kompensation habe gedreht, analysiert das Unternehmen. Einer der Gründe dürften unter anderem die gestiegenen Lebenshaltungskosten sein. 

Ein plausibler Grund: Das Leben in der Schweiz ist tatsächlich teurer geworden. Seit 2022 beträgt die kumulierte Inflation über sechs Prozent. Der Schub bei den Krankenkassenprämien, steigende Miet-, Lebensmittel- und Energiepreise; das alles drückt auf das Budget der Schweizer Haushalte. Dies hat offenbar die Prioritäten verschoben, vermutet Digitec-Galaxus.

Weniger Sorge um Klimaschutz

Box aufklappen Box zuklappen

Auch ein Blick in das Schweizer Sorgenbarometer zeigt eine Verschiebung. Zwar rangieren die Sorgen um Umweltschutz und Klimawandel immer noch auf Platz zwei, hinter den gestiegenen Preisen bei der Gesundheit. Doch der Anteil nimmt kontinuierlich ab. Das Engagement für den Klimaschutz bei gleichzeitig steigenden Preisen in anderen Bereichen ist also generell kleiner geworden – zumindest für einen Teil der Konsumentinnen und Konsumenten.

Kompensation auf tiefem Niveau

In Deutschland sank der Anteil an Bestellungen mit Klimabeitrag gar noch stärker: von 8 Prozent im Jahr 2022 auf zwischenzeitlich 4,25 Prozent. Die Bundesrepublik hatte jedoch auch mit einer höheren Inflation zu kämpfen, was den stärkeren Rückgang erklären dürfte. Um zu sagen, ob es sich in Deutschland wie in der Schweiz um einen Trend handelt, hin zu weniger Klimaschutz und höherer Preissensitivität bei der Kundschaft, dafür ist das Zahlenmaterial noch zu dünn.

Mechaniker prüft ein Triebwerk einer Swissmaschine
Legende: Rund vier Prozent der Kunden der Lufthansagruppe inklusive Swiss kompensieren ihren CO₂-Ausstoss. Keystone / Christian Beutler

Was allerdings auffällt: Das freiwillige Kompensieren des eigenen CO₂-Ausstosses bewegt sich generell auf relativ tiefem Niveau. Das zeigen die Zahlen der Lufthansagruppe, zu der auch die Swiss gehört. Nach eigenen Angaben nutzen nur gerade vier Prozent der Swiss-Fluggäste «eine der diversen Möglichkeiten zum nachhaltigeren Fliegen».

Es ist davon auszugehen, dass die Schweizer Kundschaft aufgrund ihrer Kaufkraft den Kompensationswert der Gruppe massgeblich prägt – nämlich nach oben. Fragt sich nur: Wird es mehr oder sinkt der Wert? «Bei Swiss nimmt die Zahl von Passagieren, die ihren Flug kompensieren, konstant zu», schreibt die Airline. In welchem Tempo, das teilte die Swiss nicht mit.

Hoher CO₂-Ausstoss beim Fliegen

Box aufklappen Box zuklappen

Laut einer Studie des deutschen Umwelt-Bundesamts verursacht eine Tonne CO₂ im Schnitt Umweltschäden im Wert von 180 Euro, also knapp 167 Franken. Für einen Flug von Zürich nach Mallorca (CO₂-Menge: 0,534 Tonnen) müsste man daher knapp 90 Franken zusätzlich zum regulären Ticket zahlen, um den Flug vollständig zu kompensieren.

Diskutieren Sie mit:

SRF 4 News, 16.4.2025, 16 Uhr; sten

Meistgelesene Artikel