Die Schweizer Bevölkerung zieht es auch diesen Sommer wieder in Scharen ins Ausland. Die Destinationen rund ums Mittelmeer seien erneut besonders beliebt, erklärt Laura Meyer, die Chefin des Reisekonzerns Hotelplan, mit Blick auf die guten Buchungszahlen. Aber auch Skandinavien, Nordamerika und Asien seien populäre Reiseziele.
Viele dieser Destinationen sind jedoch nur mit dem Flugzeug erreichbar. Entsprechend gross ist der CO₂-Fussabdruck dieser Reisen.
Aktuell würden allerdings nur wenige Reisende den CO₂-Ausstoss ihres Fluges kompensieren, so Meyer, obschon es durchaus Unterschiede gäbe: «Bei den Buchungen im Internet liegt der Anteil der CO₂-Kompensationen im einstelligen Prozentbereich.»
Etwas anders sieht die Situation bei Buchungen im Reisebüro aus: «Wenn unser Fachpersonal die Leute in den Filialen berät, liegt der Anteil, die ihre Reise kompensieren, im zweistelligen Bereich.» Und noch etwas stellt die Hotelplan-Chefin im Alltag fest: «Je teurer die Reise, desto grösser die Bereitschaft zur CO₂-Kompensation.»
Auch «Green Tarif» der Swiss kaum genutzt
Gleichwohl ist es nur eine Minderheit der Reisenden, die ihren CO₂-Ausstoss reduziert. Das gleiche Bild zeigt sich auch bei Globetrotter, einem auf Individualreisen spezialisierten Reiseunternehmen. Geschäftsführer Dany Gehrig stellt ernüchtert fest: «Es ist ein verschwindend kleiner Anteil der Kundschaft, der den CO₂-Ausstoss kompensiert.» Sein Fazit deshalb: «Offenbar ist vielen das Portemonnaie doch näher als das Gewissen für die Umwelt.»
Dieselben Erfahrungen wie die Reiseanbieter macht aktuell auch die Swiss. Sie hat dieses Jahr einen neuen Tarif eingeführt, den sogenannten «Green Tarif». Dieser beinhaltet bereits die Kosten für die Kompensation des CO₂-Ausstosses.
Dieser Tarif stösst bei der Kundschaft bislang nicht auf eine grosse Nachfrage. «Wir sind jetzt bei drei Prozent der Reisenden, die diesen Tarif wählen», erklärt der Swiss-Chef Dieter Vranckx. Aber auch er ist ernüchtert: «Die Menge, die das macht, ist viel zu tief.» Trotzdem hält er am «Green Tarif» fest und will sogar noch einen Schritt weitergehen: «Künftig könnte es sein, dass wir auf gewissen Strecken nur noch den ‹Grünen Tarif› anbieten.»
Damit würden die Kosten für die CO₂-Kompensation automatisch in den Flugpreis integriert. Das wäre ein Novum: Bislang hat die Flugindustrie die Kosten des CO₂-Ausstosses nicht mitberücksichtigt, sondern an die Allgemeinheit «ausgelagert.»
Klimaschutz scheint zweitrangig zu sein
Dass die Swiss unbeirrt an ihrem Weg festhält, ist vor allem den eigenen Klimazielen geschuldet: Die Fluggesellschaft will ihren CO₂-Ausstoss bis 2030 um 50 Prozent reduzieren (im Vergleich zu 2019) und bis 2050 klimaneutral sein. Gleichwohl wäre eine solche Tarifpolitik für die Swiss ein Balanceakt. Sie könnte preislich gegenüber der Konkurrenz ins Hintertreffen gelangen.
Die geringe Bereitschaft vieler Reisenden, ihren CO₂-Ausstoss zu kompensieren, kontrastiert aktuell besonders stark mit dem jüngsten Urnengang: Eine klare Mehrheit der Stimmberechtigten hat das Klimagesetz gutgeheissen. Gleichzeitig scheint der Wille, für den Klimaschutz tiefer in die Tasche zu greifen, beschränkt zu sein. Hier offenbart sich also deutlich die ambivalente Haltung der Bevölkerung.