Wegen des Krieges in der Ukraine steigen die Preise. Normalerweise wälzen Unternehmen die höheren Preise einfach auf die Konsumentinnen und Konsumenten ab. Es gibt aber noch eine andere Variante: Anstatt die Preise zu erhöhen, können zum Beispiel Schokoriegel verkleinert oder weniger Chips in die gleiche Packung gefüllt werden. Weniger Inhalt, aber zum gleichen Preis.
Das ist das Phänomen der «Shrinkflation», zusammengesetzt aus dem englischen Verb «shrink» für schrumpfen und dem Fachbegriff «Inflation».
Imageverlust für Coca-Cola und Toblerone
Coca-Cola ist das berühmteste Beispiel dafür: Der Süssgetränkehersteller hat vor drei Jahren die Menge pro Flasche in der Schweiz verkleinert, von einem halben Liter auf 4.5 Deziliter. Der Preis blieb gleich. Auch Toblerone löste vor ein paar Jahren einen kleinen Skandal in Grossbritannien aus: Mondelez, die Toblerone-Mutter, vergrösserte den Abstand zwischen den berühmten Zacken.
Wird diese Taktik durchschaut, kommt das gar nicht gut an. Toblerone löste in den sozialen Medien einen regelrechten Shitstorm aus. Und Coca-Cola rechtfertigte sich mit der Gesundheit. Auch das überzeugte die Konsumentinnen und Konsumenten nicht. Deshalb sind die Toblerone-Zacken unterdessen auch in Grossbritannien wieder an der ursprünglichen Position. Ausserdem kehrt Coca-Cola neu wieder zur Halbliterflasche zurück.
Weniger Guezli, gleicher Preis
Wegen des Krieges flammt die «Shrinkflation» momentan erneut auf. Laut einem Bericht von Finanzanalysten seien weltweit rund zwei Prozent der Lebensmittel betroffen. Aufpassen müsse man überall dort, wo zum Beispiel Guezli neu designt oder verpackt werden.
So geschehen mit den Oreos in den USA: Die Packungen wurden rund einen Fünftel kleiner, zum gleichen Preis. Mondelez, neben Toblerone auch Mutterkonzern von Oreo, schreibt auf Anfrage, dass sich in der Schweiz an der Menge der Oreos pro Packung nichts geändert habe. Die Schweizer Verpackungen seien auch nicht mit den amerikanischen vergleichbar.
Kaum Shrinkflation in der Schweiz
Konsumentenschützerinnen und -schützer gehen zwar davon aus, dass auch in der Schweiz das Toilettenpapier gefühlt dünner werden könnte oder weniger Chips in den Packungen landen. Die Shrinkflation ist bisher aber vor allem im Ausland beobachtbar, insbesondere in den USA.
Zwar steigen auch hier die Preise, wegen des starken Frankens jedoch weniger stark. Ausserdem machen Heizöl, Erdgas und Treibstoff zurzeit nur rund drei Prozent des Warenkorbes aus. Deshalb steht hierzulande am Ende des Monats mehr Budget für Lebensmittel und Alltagsprodukte zur Verfügung – im Gegensatz zu den USA, wo die Menschen die steigenden Preise stärker spüren und am Monatsende weniger Geld übrighaben.
Das betrifft besonders ärmere Menschen, die sich von Gehaltscheck zu Gehaltscheck hangeln. Davon gibt es anteilsmässig in den USA mehr als in der Schweiz. Zudem reagieren Schweizerinnen und Schweizer empfindlicher auf versteckte Preiserhöhungen. Der Imageschaden wäre für Unternehmen dementsprechend grösser als der Nutzen.
Alles in allem heisst das, dass die Unternehmen in der Schweiz bisher nicht mit Shrinkflation tricksen, sondern die etwas höheren Preise einfach direkt auf die Konsumentinnen und Konsumenten abwälzen.