- Die seit 2022 geltenden Vorschriften zur relativen Marktmacht haben nicht zu einem grossen Ansturm mit Anzeigen geführt.
- Die dafür zuständige Wettbewerbskommission hat im vergangenen Jahr die ersten beiden Untersuchungen dazu abgeschlossen.
In einem Fall tadelte die Wettbewerbskommission (Weko) den französischen Madrigall-Verlag. Dieser missbrauche seine Marktmacht gegenüber der Schweizer Buchhändlerin Payot. Die Kommission verpflichtete Madrigall, Payot den Direktimport von Büchern zu günstigeren Preisen zu ermöglichen.
Eine zweite Untersuchung zum Medizintechnikhersteller Fresenius Kabi stellte die Weko dagegen ein. Die Gruppe habe ihre relative Marktmacht gegenüber Galexis beim Bezug von Trink- und Sondennahrung im Ausland nicht missbraucht, hiess es.
Viele Anzeigen «schwierig zu handhaben»
Die neuen Bestimmungen zur relativen Marktmacht sind mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative eingeführt worden und seit Anfang 2022 in Kraft. Als «relativ marktmächtig» gilt ein Unternehmen, wenn ein anderes Unternehmen derart von seinen Dienstleistungen oder Produkten abhängig ist, dass dieses keine ausreichenden oder zumutbaren Möglichkeiten zum Ausweichen auf ein anderes Unternehmen hat.
Gemäss dem neu veröffentlichten Jahresbericht der Weko blieb die Anzahl weiterer Anzeigen zu den Bestimmungen zur relativen Marktmacht gering. Aus den acht im Jahr 2024 eingegangenen Meldungen resultierten keine Eröffnungen von Untersuchungen oder Vorabklärungen.
«Wir hatten eine Flut von Anzeigen erwartet, diese ist ausgeblieben», sagte Weko-Präsidentin Laura Melusine Baudenbacher in Bern vor den Medien. Zwar beobachte sie zunehmend, dass sich Unternehmen an die Weko wendeten. Von rund dreissig Anzeigen sei jede zweite aber wegen geringen Informationsgehalts «schwierig zu handhaben».
Griffigeres Kartellgesetz gefordert
Die Weko-Präsidentin plädierte bei der Präsentation des Jahresberichts 2024 für ein «klares und griffiges Kartellgesetz». Derzeit ist im Parlament eine entsprechende Vorlage hängig. Baudenbacher sieht insbesondere im Bereich der Zusammenschlusskontrolle gesetzlichen Verbesserungsbedarf. So soll nicht erst bei Beseitigung des Wettbewerbs eingegriffen werden können.
Ansonsten sieht die Weko-Chefin ihre Behörde auf Kurs. Sie sprach von einer «ordentlichen» Jahresbilanz. «Wir setzen alles daran, Leitentscheide zu neuen Verfügungen zu fällen.»
Meistens sei die Weko mit ihren Entscheiden erfolgreich, sagte Baudenbacher. Im vergangenen Jahr habe das Bundesgericht nur einen Entscheid der Weko umgekehrt.
Fokus auf öffentlichen Beschaffungen
Patrik Ducrey, Direktor des Weko-Sekretariats, wies auf die zentrale Rolle der Kantone und Gemeinden bei der Förderung des Wettbewerbs hin. «Sie haben es in der Hand, den Wettbewerb zu fördern oder auch zu beeinträchtigen.»
Bund, Kantone und Gemeinden kauften jedes Jahr für über vierzig Milliarden Franken Bauten, Güter und Dienstleistungen. Freihändige Vergaben seien da problematisch und dürften nur die Ausnahme sein. Insgesamt wendeten die öffentlichen Behörden die Gesetze korrekt an.
Die Weko sensibilisiere die kantonalen und kommunalen Beschaffungsstellen seit längerem und werde dies auch weiterhin tun, sagte Ducrey. «Mit einer Ausnahme haben alle Kantone gewünscht, dass wir ihnen ein Update geben, um Submissionsabreden verhindern zu können.»