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Wohnungsnot Trotz mehr Genossenschaftswohnungen wachsen die Wartelisten

Die UNO hat das Jahr 2025 zum Jahr der Genossenschaften ausgerufen. In der Schweiz versuchen Wohnbaugenossenschaften, die Wohnungsnot zu mildern. Doch sie stehen vor grossen Herausforderungen.

Nur so viel bezahlen, wie die Wohnung effektiv kostet, das ist das Versprechen von Wohnbaugenossenschaften. Sie orientieren sich an der sogenannten Kostenmiete: Den Bewohnerinnen und Bewohnern werden die Kosten für die Erstellung, Finanzierung und den Betrieb der Liegenschaft verrechnet. So zahlen sie auch tatsächlich weniger Miete als der Durchschnitt.

Ungefähr 185'000 Wohnungen in der Schweiz gehören Wohnbaugenossenschaften und damit den Bewohnern und Bewohnerinnen selbst. Rebecca Omoregie ist Vizedirektorin des Verbands der gemeinnützigen Wohnbauträger, sie sagt: «Die Möglichkeit, mitzugestalten und demokratisch mitzubestimmen, ist ebenso wichtig wie die tieferen Mieten.»

Das Modell ist beliebt, immer mehr Wohnungen sind in Genossenschaftsbesitz. Dennoch kann nur eine kleine Minderheit der Wohnbevölkerung in der Schweiz in einer Genossenschaft leben: Vier Prozent der Wohnungen in der Schweiz sind im Besitz von gemeinnützigen Wohnbauträgern. Die Nachfrage ist aber viel grösser, das zeigen die langen Wartelisten, die viele Genossenschaften führen.

Grosser Bedarf in den Städten

Besonders dort, wo Wohnraum knapp ist, ist der Bedarf gross. Dazu Omoregie vom Genossenschaftsverband: «Genossenschaften als Selbsthilfeorganisationen sind historisch immer dort entstanden, wo die Wohnungsnot am grössten war.» Dort sei auch der politische Wille am grössten, den genossenschaftlichen Wohnraum zu fördern. Wenn sich eine Stadt wie Zürich verpflichte, den Anteil der gemeinnützigen Wohnungen bis 2050 auf ein Drittel zu erhöhen, dann passiere auch etwas.

In Zürich sind bereits 27 Prozent der Wohnungen gemeinnützig (Stand 2023) und auch in den umliegenden Gemeinden finden sich viele. In den Städten Biel, Luzern, Basel, Bern und den jeweiligen Agglomerationen beträgt der Anteil über 8 Prozent (Zahlen des Bundes, Stand 2022). In ländlichen Regionen sind gemeinnützige Wohnungen dagegen kaum verbreitet – dort ist der Wohnraum weniger knapp.

Boden ist teuer

In den Städten ist es dagegen schwierig, eine erschwingliche Wohnung zu finden. Warum schaffen dann die Genossenschaften nicht mehr Wohnraum? Es sei schwierig, bezahlbares Land zu finden, sagt Omoregie: «Die Genossenschaften können mit den hohen Bodenpreisen nicht mithalten.» Gerade für kleine und noch junge Genossenschaften mit wenig Eigenkapital brauche es auch finanzielle Starthilfen.

Platz mit Bäumen, Cafés und Wohngebäude im Hintergrund.
Legende: Das Wohnhaus der Baugenossenschaft ABZ am Zürcher Bullingerplatz. Keystone

Um dem entgegenzuwirken, gibt es staatliche Förderinstrumente, insbesondere den sogenannten Fonds de Roulement des Bundes. Dort können Wohnbaugenossenschaften Darlehen mit günstigen Zinsen beantragen, den Fonds gibt es seit 1921. Daneben bürgt der Bund für Finanzierungen für gemeinnützige Wohnbauträger, so können sie sich günstiger finanzieren. «Diese zwei Instrumente haben sich bewährt,» sagt Omoregie.

Damit es aber deutlich mehr genossenschaftlichen Wohnraum gäbe, bräuchte es vor allem Massnahmen, die den Zugang zu Land ermöglichten, sagt Omoregie. Also zum Beispiel städtisches Land, das den Genossenschaften günstig im Baurecht abgegeben wird.

Das Land günstig zu vergeben, kostet die öffentliche Hand aber Geld, weil sie mit einem Verkauf an andere Bauträger mehr verdienen würde. Günstigere Wohnungen mehr Menschen zugänglich zu machen, hat also seinen Preis.

Tagesschau, 21.3.25, 19:30 Uhr

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