Brief- und Paketpost, Poststellen, Postauto und das Bankgeschäft – die alt bewährten Standbeine haben Postchef Roberto Cirillo dieses Jahr keine grosse Freude bereitet. Der Konzerngewinn sank um gut ein Drittel auf 295 Millionen Franken.
Auf der Suche nach weiterem Wachstum haben die Post-Verantwortlichen bereits vor zwei Jahren das Geschäft mit einem neuen Bereich ergänzt: Mit «Kommunikations-Services» will der Staatskonzern in Zukunft wieder Mehrwert schaffen. Darunter fasst der Staatsbetrieb alles Digitale zusammen.
Das Physische in die digitale Welt bringen
Gemäss Verwaltungsratspräsident Christian Levrat wolle die Post damit alles, was bisher physisch war, in die digitale Welt transformieren. Das Know-how holt sich die Post mit Firmenübernahmen und Beteiligungen ins Haus.
Das Engagement ist breit gestreut: Softwareentwicklungsfirmen gehören heute zum Postkonzern, eine Shopping-App ebenso. Auch in Bereichen wie Gesundheit, Werbung und im Cloud-Geschäft mischt er mit.
In mehr als zwölf Ländern tätig
Inzwischen kann die Post in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen ein stattliches Netz von Firmen auf der ganzen Welt vorweisen. Abgesehen von der Schweiz ist sie in zwölf Ländern mit mehr als 60 Unternehmen tätig. Diese hat sie gekauft oder sie besitzt die Mehrheit.
An weiteren Firmen ist sie zu einer Minderheit beteiligt, oder sie hat Risiko-Kapital investiert. Darunter Firmen in Spanien, Irland oder Estland. Sogar in China ist die Post präsent, mit einem Aussenbüro – zwecks Marktbeobachtung.
Weko beobachtet
Der Vorstoss der Post in die neuen Bereiche kommt freilich nicht überall gut an. Vor allem Unternehmen sehen die staatliche Konkurrenz nicht gerne.
Die auf Buchhaltungs-Software-spezialisierte Abacus beispielsweise hat bei der Wettbewerbskommission (Weko) eine Anzeige eingereicht, nachdem die Post die Firma Klara übernommen hat. Diese stellt unter anderem Buchhaltungssoftware her.
Die Weko soll prüfen, ob die Post ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche und sich kartellrechtswidrige Quersubventionen erlaube. Die Weko untersucht den Sachverhalt in einer Marktbeobachtung, die noch einige Wochen dauern soll, wie es in Bern heisst.
«Unfaire Konkurrenz»
Auch Ökonomen kritisieren die Zukäufe der Post. «Es ist eine problematische Entwicklung, wenn sich Unternehmen im Staatsmonopolbereich in die Privatwirtschaft bewegen», sagt etwa Christoph Schaltegger, Direktor des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik der Universität Luzern. Es sei problematisch, weil sie damit die anderen Unternehmen unfair konkurrenziere. «Die Post hat einerseits nicht die gleichen Risiken, sie kann das Risiko dem Steuerzahler abwälzen.» Die Post habe auch nicht die gleichen Finanzierungskosten. «Die Post hat den viel privilegierteren Zugang als die Marktteilnehmer.»
«Ein ganz normaler Akteur»
Bei der Post sieht man das freilich anders. «Die Post hat keine Staatsgarantie. Die Post hat ein Quersubventionierungsverbot, das strikte eingehalten wird», sagt Postchef Roberto Cirillo. Die Post sei ein ganz normaler Akteur auf dem Markt, um im Wettbewerb Gewinne zu erwirtschaften und daraus ohne ein Franken Steuergelder die Grundversorgung zu finanzieren. Das sei vom Gesetzgeber so gewollt. «Wir sind seit 20 Jahren jeden Tag im Wettbewerb auf dem freien Markt.»