Ist ein Flug stark verspätet oder fällt aus, hat man als Passagier allenfalls Anspruch auf Entschädigung. Es gibt deswegen jedoch immer wieder Streit zwischen Fluggästen und Airlines. Das zuständige Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) wird mit Anzeigen überhäuft . Es gibt Wartezeiten von rund einem Jahr. Auch beim Ombudsmann der Reisebranche haben die Anfragen wegen Fluggastrechten stark zugenommen. Zuständig ist er aber nur für Flüge, die über ein Reisebüro oder einen anderen Reiseanbieter gebucht worden sind.
Der Ombudsmann wollte das ändern und generell als Vermittler zwischen Fluggesellschaften und Passagieren auftreten, wenn es Streitigkeiten gibt. Davon würden auch die Fluggesellschaften profitieren, zeigte sich Ombudsmann Walter Kunz kürzlich gegenüber SRF überzeugt. Durch erfolgreiche Vermittlungen könnten juristische – kostspielige – Fälle verhindert werden.
Fluggesellschaften winken ab
Vom Ombudsmann als Vermittler wollen die Fluggesellschaften jedoch nichts wissen. Sie haben seine Offerte abgelehnt, wie das Magazin «Travelnews» kürzlich berichtete. Der Ombudsmann hatte für seine Dienstleistung pro Airline und Jahr im Schnitt 1000 Franken verlangt. Angesichts der Milliardenumsätze der Fluggesellschaften scheint das ein überschaubarer Betrag zu sein. Darauf geht das Board of Airlines Representatives Switzerland (BAR) auf Anfrage jedoch nicht ein.
Das BAR vertritt die rund 40 Fluggesellschaften, die in der Schweiz tätig sind (An- und Abflüge). Gegenüber SRF schreibt die Organisation, die bestehenden Beschwerdemöglichkeiten seien «bewährte und wirkungsvolle Instrumente zur Durchsetzung der Passagierrechte». Eine zusätzliche Behandlung durch den Reiseombudsmann sei für Airline-Passagiere weder gesetzlich noch regulatorisch vorgesehen.
Keine Stellungnahme von Swiss und Lufthansa-Gruppe
Nicht zum Thema äussern mag sich Swiss. Man verweist auf das BAR. Und auch die Lufthansa-Gruppe, zu welcher neben Swiss auch die Edelweiss Air gehört, beantwortet die Fragen von SRF nicht. Bei Helvetic Airways heisst es, man mache mit dem bestehenden System gute Erfahrungen – «sowohl für uns als auch für unsere Fluggäste». Eine zusätzliche Vermittlungsstelle sei daher keine Notwendigkeit.
Ombudsmann ist «enttäuscht für die Kunden»
Im Gespräch mit dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» sagt Reiseombudsmann Walter Kunz, er sei vor allem enttäuscht für die Kunden: «Die Airlines lassen die Konsumentinnen und Konsumenten im Regen stehen.» Aber vermutlich sei die Ombudsstelle «nicht so bequem für die Fluggesellschaften». Er geht davon aus, dass die Airlines es darauf anlegen, dass Passagiere aufgrund der langen Wartezeiten beim Bazl einen Fall gar nicht erst weiterziehen. Ein Vorwurf, zu dem sich die von SRF angefragten Gesellschaften und die Branchenorganisation BAR nicht äussern.
Kunz gibt zu bedenken, dass sich das Bazl um Fälle kümmere, bei denen es um die Passagierrechte geht. Diese betreffen vor allem annullierte oder stark verspätete Flüge. «Bei uns landen aber sehr vielschichtige, andere Fälle – Gepäckverlust zum Beispiel – denen sich das Bundesamt gar nicht annimmt», sagt er. Viele Flugpassagiere können sich künftig also nicht mehr beim Ombudsmann melden. Er kümmert sich konsequent nur noch um Beschwerden, wenn der Flug über ein Reisebüro gebucht worden ist.