Zum Inhalt springen
Audio
Rechtsfrage: «Kann ich auf dem angeschriebenen Preis bestehen?»
Aus Espresso vom 01.04.2021. Bild: imago images
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 38 Sekunden.

Falscher Preis auf Etikett «Muss man mir die Jacke zum angeschriebenen Preis verkaufen?»

Ein junger Mann entdeckt beim Shoppen eine schöne Lederjacke – und erst noch günstig. Doch an der Kasse die böse Überraschung: Die Jacke sei falsch angeschrieben und koste zweihundert Franken mehr. «Espresso» sagt, ob in solchen Fällen der angeschriebene Preis gilt.

Die Rechtslage kurz erklärt:

  • Preisangaben an Produkten sind grundsätzlich verbindlich.
  • Preise auf Produkten dürfen nach der Preisbekanntgabe-Verordnung (PBV) nicht irreführend sein. Sie müssen klar angeschrieben sein, damit Konsumentinnen und Konsumenten Produkte miteinander vergleichen können.
  • Im Alltag kommt es immer wieder vor, dass Produkte falsch angeschrieben sind. In solchen Fällen kann ein Verkäufer geltend machen, er habe sich bei der Preisanschrift geirrt. Juristen sprechen von einem Erklärungsirrtum: Was auf dem Etikett steht, entspricht nicht dem, was der Verkäufer meint.
  • Damit sich ein Verkäufer auf einen solchen Irrtum berufen kann, muss der Irrtum «wesentlich» sein. Das bedeutet, der effektive Preis muss erheblich vom angeschriebenen Preis abweichen.

Alle Rechtsfragen

Box aufklappen Box zuklappen

Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner beantwortet jeden Donnerstag eine Rechtsfrage. Haben Sie eine Frage? Schreiben Sie uns!

  • Ein Beispiel aus der Praxis des Bundesgerichts: Eine Verkäuferin schrieb im Schaufenster eines Juweliers einen Opal-Ring versehentlich mit 1380 Franken an, anstatt mit 13'800 Franken. Ein Kunde wollte den Ring zum angeschriebenen Preis kaufen. Vor Bundesgericht bekam jedoch das Juwelier-Geschäft Recht. Die fehlende Null bei der Preisanschrift galt in jenem Fall als «wesentlicher» Irrtum.
  • Im Beispiel des «Espresso»-Hörers ist die Diskrepanz zwischen dem angeschriebenen und dem effektiven Preis nicht so gross: Die Lederjacke war mit 99 Franken angeschrieben, sollte aber für 269 Franken verkauft werden. Angesichts der Margen in dieser Branche hätte der Verkäufer wahrscheinlich Mühe, ein Gericht davon zu überzeugen, dass es sich um einen wesentlichen Irrtum handelt.
  • Anders gilt übrigens bei Preisangaben auf Flyern, im Internet oder in Katalogen: Diese Angaben sind nicht verbindlich.

Espresso, 01.04.2021, 08:13 Uhr

Meistgelesene Artikel