Acht Wochen Homeoffice (oder sind es neun?), vier Wände, aber nur ein Tor zur Welt: unser Computer-Bildschirm.
Egal ob ein Workshop bei der Arbeit, die Märchenstunde mit den Grosseltern, oder das Treffen mit den Freundinnen: Wir skypen und zoomen, was das Internet hergibt. Kontakt mit Mitmenschen, voll virtuell.
Doch die anfängliche Euphorie verpuffte schneller als die Angst um frisches WC-Papier. Je länger wir im Homeoffice arbeiten, desto mehr merken wir: Das ist ganz schön anstrengend.
Ein Marathon fürs Gehirn
Kein Wunder, denn für unseren Kopf sind solche Video-Anrufe Hochleistungssport. Unser Gehirn ist darauf trainiert, nonverbale Signale des Gegenübers zu interpretieren. So spielen Mimik, Gestik oder die Körperhaltung eine wichtige Rolle beim Kommunizieren.
Wenn der Gesprächspartner allerdings nur verschwommen und ab dem Kopf abgeschnitten auf dem eigenen Bildschirm erscheint, wird’s schwierig mit dem Nonverbalen.
Noch anstrengender wird es, wenn mehrere Personen am Treffen teilnehmen. Plötzlich blickt man in eine Wand voller Gesichter.
Die Doppelkinn-Wand
Zusätzlich erscheinen wir selbst als kleines Bild irgendwo am Bildrand. Wir analysieren also mehrere Personen und uns selbst gleichzeitig. Die reine Ablenkung.
Sitze ich immer so krumm in der Landschaft herum? Seit wann habe ich ein Doppelkinn? Ständig beobachten wir und werden dabei beobachtet. Entspannung geht anders.
«Zoom Fatigue» wurde zum neuen Wort des Monats – die elende Müdigkeit nach einem langen Zoom-Gespräch. Bald wurde deshalb aus der anfänglichen Skype- oder Zoom-Euphorie eine Pflichtübung. Ein weiteres Gespräch? No, sänks!
Liebes Homeoffice, wir müssen reden…
Wo wir uns vor wenigen Wochen noch gerne per Mausklick zuschalteten, um jeden, pardon, Mäuseschiss zu besprechen, stellt sich langsam eine Überdrüssigkeit ein – eine ganz andere Form der «Zoom Fatigue».
Wir sind es leid, unser Wohnzimmer in ein Sitzungszimmer, ein Fitnessstudio, ein Schulzimmer oder eine Bar zu verwandeln. Wir sind es leid, nie jemandem direkt in die Augen zu blicken.
Und unser Kopf und unser plattgesessenes Hinterteil sind es leid, ständig zu schmerzen. Sie und ich wissen mittlerweile: Nichts geht über ein persönliches Treffen ausserhalb der eigenen vier Wände und ganz ohne Bildschirm dazwischen.