Die Zustimmung zum Klimaschutz-Gesetz sinkt. Die Erinnerung an die Abstimmung über das CO₂-Gesetz im Juni 2021 drängt sich auf.
Vor zwei Jahren – während der Pandemie – gab es in den letzten Tagen vor Urnengang riesige Mobilisierungsschübe. Starke Mitmachkampagnen rissen die Teilnahme an der Abstimmung zum CO₂-Gesetz in die Höhe. Die Landbevölkerung brachte die Vorlage zu Fall.
Beim Klimaschutz-Gesetz hätte die Stimmbeteiligung drei Wochen vor Abstimmung bei 48 Prozent gelegen – durchschnittlich. Das zeigt die zweite SRG-Umfrage, die das Forschungsinstitut GFS Bern durchgeführt hat. Eine starke Mobilisierung auf dem Land ist noch nicht in Sicht.
«Umfragen sind Umfragen. Abgerechnet wird am 18. Juni», gibt sich Michael Graber, SVP-Nationalrat, siegessicher. «Ich bin zuversichtlich, dass das Klimaschutz-Gesetz abgelehnt wird.»
Graber möchte das Szenario CO₂-Gesetz wiederholen: «Wir werden in den letzten Tagen versuchen, unsere eigene Basis noch stärker zu mobilisieren und aufzuzeigen, weshalb diese Subventionen fragwürdig sind.» Er betont, dass auch Teile der FDP- und Mitte-Wählerschaft dem Klimaschutz-Gesetz sehr kritisch gegenüber stehen.
Roger Nordmann, SP-Nationalrat, entgegnet: «Die Leute haben verstanden, dass die SVP-Kampagne viel Falsches anspricht: vom Auto und der Landwirtschaft. Dabei sind sie gar nicht betroffen. Eigentlich gibt es im Klimaschutz-Gesetz nur das Ziel zur Klimaneutralität, die Unterstützung beim Heizungsersatz und die Innovationsförderung in der Industrie.»
Sieht Nordmann also keine Gefahr für ein Szenario CO₂-Gesetz: «Doch, doch, es gibt nach wie vor ein Risiko. Ein zweites Nein würde die Energie- und Klimapolitik auf Jahre zurückwerfen.» Damit das nicht geschieht, seien die Mobilisierungsanstrengungen gross.
Der Konflikt in der Öffentlichkeit wird vermieden, denn das würde gerade auch auf dem Land mobilisieren.
«Von rechts wird mit bekannten Mitteln versucht, die Preisdebatte zu forcieren: Es werden starke Bilder und Emotionen geschürt», erklärt Lukas Golder, Co-Leiter von GFS Bern. «Von links und der Mitte wird versucht, nicht mitzuhelfen, diesen Schub zu bringen: Der Konflikt in der Öffentlichkeit wird vermieden, denn das würde gerade rechts, in konservativen Kreisen und auf dem Land mobilisieren.»
«Genau das haben wir beim CO₂-Gesetz gesehen», meint Golder. «Eine zunehmende Emotionalisierung und Polarisierung würde den Befürwortern des Klimaschutz-Gesetzes nicht helfen.»
Mobilisierungseffekte nennt das die Wissenschaft. Sie führen dazu, dass sich die Gewichte zwischen Stadt, Land und Agglomeration immer wieder verschieben. Eine bestimmte Vorlage kann folglich auch Auswirkungen auf andere Abstimmungsergebnisse haben. So 2021 bei der Trinkwasser- und der Pestizid-Verbots-Initiative, die mit dem CO₂-Gesetz an die Urnen kamen.
«Ganz auszuschliessen ist das beim Klimaschutz-Gesetz nicht», sagt Martina Mousson, Projektleiterin von GFS Bern, «aber wir haben eine andere Konstellation an Vorlagen als damals. Das CO₂-Gesetz scheiterte schliesslich an der Mobilisierung über die Agrarinitiativen. Es wurde vom Land verworfen.»
Zwei Jahre später deutet alles auf einen anderen Ausgang: Die Mobilisierung ist tiefer und die Zustimmung höher. «Zudem wurde beim CO₂-Gesetz viel über direkte Kosten für den Einzelnen gesprochen. Heute sprechen wir über Subventionen.»
Und so bleibt aktuell auch die Zustimmung auf dem Land trotz eines Nein-Trends über 50 Prozent. Das Ja ist insofern stabil.