- Wäre Ende Mai über die OECD-Mindeststeuer abgestimmt worden, hätten 73 Prozent der Stimmberechtigten die Vorlage angenommen.
- Dies ist das Ergebnis der zweiten SRG-Umfrage im Auftrag des Forschungsinstitutes GFS Bern.
- Obwohl sich der Nein-Anteil im Vergleich zur ersten Umfrage um 12 Prozentpunkte vergrössert hat, verbleibt eine solide Ja-Mehrheit. Vor allem bei SVP- und SP-Wählern zeigt sich ein deutlicher Nein-Trend.
73 Prozent der Teilnehmenden sprechen sich gemäss Umfrage für die Vorlage aus. Die Befragten rechnen denn auch selbst mit einer Annahme, denn 84 Prozent schätzen den Ja-Anteil auf über 50 Prozent.
«Die meisten Menschen finden es gut, wenn internationale Konzerne global mehr Steuern bezahlen, und dieses Geld am Standort Schweiz eingesetzt werden kann», erklärt Politikwissenschafter Lukas Golder. Diese Lösung werde als gerecht empfunden.
Bezüglich der Parteibindung beträgt die Zustimmung bei allen Gruppen über 60 Prozent. Bei der SP- und der SVP-Anhängerschaft sind jedoch die Nein-Trends im Vergleich zur ersten Befragung sehr deutlich. In der ersten SRG-Umfrage hatte die hohe Zustimmung vonseiten der SP-Wähler erstaunt, hat doch die Partei eine Nein-Parole herausgegeben.
Der Nein-Anteil der SP-Anhängerschaft steigt von 16 auf 33 Prozent, womit sich der Elite-Basis-Konflikt etwas entschärft. Bei der SVP-Anhängerschaft stieg in der letzten Befragung vor der Abstimmung der Nein-Anteil von 20 sogar auf 37 Prozent.
Golder erklärt die Kritik von links und rechts. «Die Kritik der SP bezieht sich darauf, dass die Kantone zu viele der zusätzlichen Mittel erhalten und es den Steuerwettbewerb zusätzlich anheizt.» Die Kritik von rechter Seite sei eher grundsätzlich gegen das internationale Steuersystem. «Für keine der beiden Positionen reicht es aber für eine Mehrheit.»
Tendenziell ist das Nein in Haushalten in geringeren Einkommensverhältnissen und bei Personen, die keinen akademischen Weg beschritten haben, gestiegen. Allerdings ist in keiner dieser Gruppen mehr als ein Drittel gegen die Vorlage. Stellvertretend kann die Unterkategorie des Alters erwähnt werden. Auch hier zeigen sich wenige Unterschiede innerhalb der Gruppen.
Klare Mehrheit für Ja-Argumente
Alle drei Ja-Argumente für die Vorlage haben weiterhin eine sehr starke Unterstützung von annähernd drei Viertel der Befragten, wie GFS Bern mitteilt. Die Reform wird von 77 Prozent als gerecht betrachtet, weil sie einzig auf international tätige Unternehmensgruppen und nicht auf kleinere Unternehmen zielt.
Die zusätzlichen Steuermittel, um den Standort Schweiz attraktiver zu machen, und die Verhinderung von Steuerflucht von grossen Unternehmen in Tiefsteuerländer, mit dem Ziel der internationalen Steuergerechtigkeit, sprechen unverändert aus Sicht klarer Mehrheiten für die Reform.
Auf der Nein-Seite ist einzig die Kritik von links zur Mittelverteilung knapp mehrheitsfähig: Wenn wenige steuerlich attraktive Kantone einen Grossteil der Einnahmen erhalten, befeuert das den interkantonalen Steuerwettbewerb zusätzlich.
Ein deutliches Ja der Stimmenden erscheint gemäss dem Forschungsinstitut als wahrscheinlichstes Szenario. «Ein Nein erscheint sehr unwahrscheinlich,» so Golder. Der Co-Leiter von GFS Bern verweist darauf, dass sich in allen Untergruppen Mehrheiten wiederfinden würden.