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Forensic Nurse im Einsatz – Dominice sammelt Spuren nach Übergriffen
Aus Impact vom 11.09.2024.
abspielen. Laufzeit 20 Minuten 23 Sekunden.

Forensic Nurse «Nach Gewalttaten bleibt nur wenig Zeit für eine Spurensicherung»

Jede fünfte Frau in der Schweiz hat schon sexualisierte oder häusliche Gewalt erlebt. Dies ergab eine Umfrage vom Forschungsinstitut GFS im Jahr 2019. Aber nur die Hälfte der Betroffenen gaben an, überhaupt mit jemandem darüber gesprochen zu haben. Die Schweiz hat sich mit dem Unterzeichnen der Istanbuler Konvention dazu verpflichtet, die Bevölkerung mehr auf die Problematik zu sensibilisieren und bessere (rechts)medizinische Versorgung zu gewährleisten.

Istanbul Konvention

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Seit 2018 gilt in der Schweiz die Istanbul-Konvention des Europarats. Diese will Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt besser bekämpfen und vor allem Betroffene davor schützen und unterstützen. Im nationalen Aktionsplan des Bundes zur Umsetzung der Konvention ist eine Massnahme, die (rechts)medizinische Versorgung von Betroffenen sexueller Gewalt sicherzustellen.

Zum Beispiel durch die Arbeit von Forensic Nurses. Dominice Häni ist eine davon.

Dominice Häni

Forensic Nurse

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Dominice Häni war zwei Jahrzehnte als Pflegefachfrau tätig, viele Jahre im gynäkologischen Notfall. Als ausgebildete Forensic Nurse arbeitet und doziert sie nun seit zwei Jahren am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich. Häni ist Teil des Zürcher Pilotprojekts «Aufsuchender Dienst Forensic Nurses», welches am 1. April 2024 gestartet ist. Spitäler, aber auch Direktbetroffene können via 24-Stunden-Hotline auf eine Forensic Nurse zurückgreifen, die bei Fällen von häuslicher oder sexueller Gewalt ausrückt und Betroffene betreut und mögliche Spuren der Tat sichert.

SRF: Wie sieht so ein «normaler» Arbeitstag bei Ihnen aus?

Dominice Häni: Es gibt im Kanton Zürich seit Frühling eine Hotline, bei der sich Spitäler, Praxen, aber auch Direktbetroffene von sexualisierter oder häuslicher Gewalt melden können. Diese Anrufe kommen dann bei meinen Kolleginnen und mir aufs Handy rein.

Und dann?

«Forensic» bedeutet, wir sichern Spuren am Körper von Betroffenen von sexualisierter oder häuslicher Gewalt und dokumentieren Befunde. «Nursing» heisst, dass wir geschult darauf sind, traumatisierte Personen oder Menschen, die gerade Gewalt erlebt haben, anfänglich zu betreuen.

Gewisse Hilfsmittel zur Spurensicherung sind wie die aus den Krimis.
Autor: Dominice Häni Forensic Nurse

Wenn beispielsweise ein Spital mich kontaktiert und meldet, dass sie eine betroffene Person haben, dann höre ich mir zuerst an, worum es geht. Dann rücke ich aus und treffe die Person vor Ort im Spital. Dort kann ich mich mit der Person in einen Raum zurückziehen, sie kann erzählen, was vorgefallen ist und ich erkläre, wer ich bin und was ich für Optionen habe, ihr in der Situation zu helfen.

Zum Beispiel das Sichern von Spuren. Dafür tragen Sie immer einen Koffer bei sich. Was ist da alles drin?

Darin habe ich Hilfsmittel, die ich für das Sichern benötige. Beispielsweise Wattestäbchen. Die kennt man vielleicht aus Krimis. Damit kann ich über die Haut der Person fahren und mögliche DNA-Spuren sammeln, falls die Betroffene zum Beispiel an den Armen gepackt wurde. Es hat forensische Röhrchen für Urin- sowie Blutproben drin, falls die betroffene Person vermutet, dass etwas in das Getränk gemischt wurde. Ich kann auch Haarproben entnehmen, Wunden abmessen und einiges mehr.

Wie gehen Sie bei einer solchen Untersuchung vor?

Wichtig ist hier, auf die Bedürfnisse der Person einzugehen. Was ist ihr wohl, was unwohl? Sie ist auch beim körperlichen Untersuch nie vollständig nackt. Zuerst wird der ganze Hautmantel untersucht. Gibt es Kratzer, Hämatome? Sind Punktblutungen in den Schleimhäuten, hinter den Ohren, in den Augen sichtbar? Das können Hinweise auf Würgen sein. Dann wird alles fotografisch dokumentiert. Das ist wichtig, weil gewisse Spuren, wie Hämatome, Sperma, DNA, schon innerhalb weniger Stunden oder Tage nicht mehr sichtbar sein können. Einen genitalen Untersuch macht aber immer ein Gynäkologe oder eine Gynäkologin. Die Forensic Nurse hält alles Besprochene und Sichtbare in einem Kurzbericht fest.

Forensic Nurses in der Schweiz

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Generell können in allen Notfallstationen von Spitälern Betroffene von sexualisierter oder häuslicher Gewalt Spuren sichern lassen. Dies aber meist nicht von speziell geschultem Personal.

Schweizweit gibt es rund 200 Personen, welche ein Aus- oder Weiterbildungsangebot im Bereich «Forensic Nurse» in Bern, Chur, Lausanne oder Zürich absolviert haben.

Im Kanton Waadt gibt es Forensic Nurse Ambulatorien, in Graubünden Forensic-Nurse-Sprechstunden. Der Kanton Bern hält mit seinem «Berner Modell» eine Vorreiterrolle inne. Seit 1968 ist es im Kanton Bern für Betroffene möglich, Spuren im Spital von geschultem Personal zu sichern – ohne dabei die Polizei hinzuziehen zu müssen. Der Kanton Zürich arbeitet seit 1. April in einem zweijährigen Pilotprojekt mit einer 24h-Hotline, durch diese Forensic Nurses gerufen werden können, die Spuren in Spital-Notfällen sichern und archivieren, ohne dass zwingend von den Betroffenen eine Anzeige gemacht werden muss.

Was passiert mit den Spuren?

Im Fall vom Kanton Zürich werden die gesammelten Spuren an das Institut für Rechtsmedizin geschickt. Diese bleiben dort mindestens ein Jahr. Die betroffene Person kann sich dann in Ruhe entscheiden, ob sie eine Strafanzeige gegen die Täterschaft machen möchte. Falls dies der Fall ist, können die Spuren analysiert werden.

Was, wenn keine Spuren gefunden werden?

Es ist wichtig, dass Betroffene und ihre Erzählungen ernst genommen werden, egal ob es zur Anzeige kommt oder nicht und auch, ob von der Rechtsmedizin im Material Spuren gefunden werden oder nicht.

Das Gespräch führte Amila Redzic.

«SRF Impact»

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Legende: SRF

So kompliziert und vielschichtig unsere Welt auch ist, wir wollen sie verstehen. Dafür gehen wir auf die Suche nach Antworten: In Reportagen tauchen wir ein in unsere Schweizer Gesellschaft und nehmen dich mit: Gib dir Deep Talk, Zweifel und Lichtblicke mit unseren Hosts Amila Redzic, Livio Carlin und Michelle Feer.

Alle Folgen «SRF Impact» sind auf Play SRF.

Regionaljournal Zürich/Schaffhausen, 11.9.2024, 17:30 Uhr

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