So mancher Zuschauer schaltet in den Vortragsmodus, wenn im Fernsehen Frauenfussball läuft. Wortreich erklärt der Fachmann vom Sofa aus, warum der Ball bei den Frauen anders rollt. Als Kompliment ist das nicht gemeint.
Eine Studie der Universität Zürich (UZH) kommt jetzt zu einer überraschenden Erkenntnis: Die Ballkunst der Männer wird nur dann klar über jene der Frauen gestellt, wenn das Geschlecht der Spieler auch erkennbar ist. Werden die Spielerinnen und Spieler verpixelt, vertrüben sich die Stereotypen.
Morgan oder Modric – Hauptsache Fussball
Im Experiment haben sich 613 Studienteilnehmende Torszenen von Spitzenfussballerinnen und -fussballern wie der US-Amerikanerin Alex Morgan oder des Kroaten Luka Modric angesehen.
In einer Gruppe wurde das Geschlecht der Spielerinnen und Spieler verschwommen dargestellt, sodass die Teilnehmenden nicht erkennen konnten, ob sie Männer oder Frauen sahen. In der Kontrollgruppe wurden die Videos nicht verändert.
Die Teilnehmenden schauten sich je fünf Männer- und fünf Frauenvideos an und bewerteten die Leistung der Spieler auf einer 5-Punkte-Skala. Ergebnis: Die Fussballerinnen konnten plötzlich mit den Männern mithalten.
Langweilig, langsam, unattraktiv: Frauensportarten hatten es in der allgemeinen Wahrnehmung lange schwer. Solch sexistische Vorstellungen sind laut der Studie heute zwar weniger breit akzeptiert als zu früheren Zeiten. Doch sie halten sich noch immer hartnäckig.
Demnach werden die Fähigkeiten von Frauen im Sport – wie auch in männerdominierten Berufen – noch immer genau unter die Lupe genommen. Das im Vergleich mit dem Männerfussball geringere Medieninteresse befeuert die Vorurteile gemäss Studie weiter, ebenso wie das ungleich kleinere wirtschaftliche Investment.
Kampf um den Pokal – und um Anerkennung
«Die gängige Meinung besagt, dass Männersportarten einfach besser sind als Frauensportarten, weil sie grösser, stärker und schneller seien», erklärt Carlos Gomez, Forscher am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Zürich und Autor der Studie. «Die Existenz von Stereotypen sollte uns jedoch auf eine andere Möglichkeit aufmerksam machen: Geschlechtsspezifische Informationen können unsere Wahrnehmung von Qualität beeinflussen.»
Das Ergebnis widerlegt für Gomez auch eine weit verbreitete Annahme: Frauenfussball stösst auf weniger Publikumsinteresse, weil die Qualität gegenüber dem Männerfussball derart abfällt. «Down Under» kämpfen die Fussballerinnen also nicht nur um den Weltmeistertitel, sondern auch gegen so manches Vorurteil.