Das ist passiert: Nordkorea hat nach südkoreanischen Militärangaben Teile der innerkoreanischen Strassenverbindungen gesprengt. Wie der Generalstab in Seoul laut der südkoranischen Nachrichtenagentur Yonhap bekanntgab, sind auf der nördlichen Seite der Demarkationslinie Teile von zwei Strassen zerstört worden. Nordkorea hatte vor einigen Tagen angekündigt, sämtliche Strassen- und Eisenbahnverbindungen zu Südkorea dauerhaft unterbrechen zu wollen. Begründet wurde dies mit dem Schutz der nationalen Sicherheit sowie zur Verhinderung eines Krieges. Die innerkoreanischen Strassenverbindungen galten einst als Symbole der Zusammenarbeit zwischen Süd- und Nordkorea.
Die Einschätzung des Experten: Martin Fritz ist freier Korrespondent in Tokio und sagt, dass Nordkorea vermutlich eine durchgehende zusätzliche Mauer an der Grenzlinie errichten wolle. «Zuvor hatte der Norden schon entlang der Grenze neue Minen verlegt, Anti-Panzer-Barrieren aufgestellt und Kurzstreckenraketen stationiert, die einen nuklearen Sprengkopf tragen könnten. Hintergrund ist, dass Nordkorea Südkorea im Januar zum prinzipiellen Feind erklärt hat.»
Südkorea ist für den Norden der Hauptfeind – noch vor den USA: Eine friedliche Wiedervereinigung ist also kaum ein Thema mehr. Das hatte Nordkoreas Führer Kim Jong-un im Dezember verkündet. «Das war ein Bruch mit der Politik seines Vaters und auch seines Grossvaters», so Fritz. «Er hat ausserdem den Einsatz von taktischen Atomwaffen simulieren lassen. Damit will er möglicherweise einen gezielten Angriff durch die USA auf ihn und seine Familie stärker abschrecken.» Dies sei für Kim das schlimmste Szenario. Es gebe aber auch Überlegungen, dass Kim sich auf einen Angriffskrieg vorbereite und ihn auch führen will, «in der Hoffnung, dass die USA Südkorea dann nicht verteidigen werden».
Die Spannungen haben sich deutlich erhöht: Am Wochenende beschuldigte Nordkorea zudem den Süden, Drohnen mit anti-nordkoreanischen Flugblättern nach Pjöngjang entsandt zu haben. Südkorea bestätigte das nicht. Dem lief zuvor, dass Südkoreas konservativer Präsident Yoon Suk-yeol im August eine neue Doktrin zur Wiedervereinigung verkündet hatte, wie Fritz weiter sagt. «Demnach muss dieser neue koreanische einheitliche Staat auf jeden Fall eine freiheitliche Demokratie sein. Deswegen müsste man den Wert der Freiheit, proaktiver, wie er sich ausgedrückt hat, auf den Norden ausdehnen und dort substanzielle Veränderungen vorantreiben.» Dies stelle für Kim quasi ein Aufruf zum Systemsturz des Nordens dar.
Die Rolle von Kremlchef Putin: Durch die nordkoreanische Partnerschaft mit Russlands Präsident Putin fühlt sich Führer Kim laut Experte Fritz sicherer als vorher. «Nordkorea steht nicht mehr alleine da, sondern in einer Allianz mit Russland und gehört jetzt ganz allgemein zur Achse Moskau-Peking. In dem Verteidigungspakt, den Russlands Machthaber Putin im Juni in Pjöngjang unterschrieben hat, sichern sich die beiden Länder militärischen Beistand zu.» Selbst wenn dies in der Praxis nicht passieren würde, könne sich Führer Kim nunmehr Provokationen gegen den Süden leisten und aggressiver auftreten, «weil Russland ja formal an seiner Seite steht».
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