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Bauprojekt in Belgrad Die serbische Volksseele brodelt – wegen Trumps Schwiegersohn

Jared Kushner möchte ein Luxushotel in Belgrad bauen. Dafür soll eine Ruine weichen, die für ein nationales Trauma steht.

In Europa ist es derzeit nicht eben geschäftsfördernd, wenn man Donald Trump nahesteht. Das erfährt auch Elon Musk schmerzlich: Die Verkaufszahlen seiner Elektroautos sind massiv eingebrochen. Der Tesla-Stolz ist der Tesla-Scham gewichen.

Auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner weht eine steife Brise entgegen – und zwar aus dem Balkan. Grund dafür sind aber weniger seine familiären Verwicklungen. Vielmehr gibt sein fehlendes Gespür für die nationalen Befindlichkeiten in Serbien zu reden.

Vom Berater zum Baulöwen

Der Ehemann von Trumps Tochter Ivanka ist in den letzten Jahren aus dem Rampenlicht verschwunden. Während Trumps erster Amtszeit galt Kushner phasenweise als Einflüsterer des Präsidenten und trieb die Aussöhnung zwischen Israel und den Golfstaaten voran.

Kushner und Ivanka Trump beim Ball anlässlich von Trumps Vereidigung am 20. Januar.
Legende: Jared Kushner und seine Frau Ivanka treten in Washington nur noch selten in Erscheinung. Am 20. Januar nahmen sie an den Feierlichkeiten nach Trumps Vereidigung teil. Keystone/EPA/Anna Moneymoner

Inzwischen ist Kushner wieder hauptberuflich als Immobilienentwickler tätig. Seit einiger Zeit zeigt er auch Interesse an Investitionen auf dem Balkan.

Stich ins Wespennest

Bei einem Bauprojekt in Belgrad liess er nun jedes diplomatische Geschick vermissen: Denn der Ort, an dem ein Luxushotel mit angeschlossenen Wohnungen entstehen soll, ist tief in die Geschichte Serbiens eingegraben.

Für das Bauprojekt soll das 1999 von der Nato zerbombte Hauptquartier der jugoslawischen Armee abgerissen werden. Gegen die Pläne protestierten am Montag tausende Menschen in Belgrad. Zu der Kundgebung kam es am 26. Jahrestag des Beginns der Nato-Bombardierung der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien.

Nato-Angriff auf Belgrad 1999.
Legende: Die damalige Militäroperation hatte das Ziel, die Verfolgung und Ermordung der Kosovo-Albaner durch das Regime von Slobodan Milosevic zu beenden. Keystone/EPA/Srdjan Suki

Für viele Serbinnen und Serben hat die Gebäuderuine historischen Wert. Sie erinnert sie an die für viele Menschen traumatischen Ereignisse, bei denen fehlgeleitete Luftangriffe auch serbische Zivilisten töteten.

Dass der Erinnerungsort in einen kommerziellen Komplex verwandelt werden soll, empfinden viele Leute als geschmacklos.
Autor: Adelheid Wölfl Freie Journalistin in Wien

Die Gebäuderuine hatte bis November 2024 den offiziellen Status eines Baudenkmals. Dieser wurde ihr von der von Staatspräsident Aleksandar Vucic kontrollierten Regierung entzogen, um Kushners Bauprojekt zu ermöglichen. Dagegen klagten Vertreter der Demonstranten beim Verfassungsgericht, das in dieser Sache noch nicht entschieden hat.

Proteste in Belgrad
Legende: Kushners Unternehmen Affinity Global Development hat den Standort für 99 Jahre gepachtet und will dort ein Luxushotel mit Gewerbeflächen und mehr als 1500 Wohneinheiten errichten. Bild: Protest vor der Gebäuderuine. Keystone/AP/Darko Vojnovic

«Dass der Erinnerungsort in einen kommerziellen Komplex verwandelt werden soll, empfinden viele Leute als geschmacklos», berichtet die freie Journalistin Adelheid Wölfl. Die Wut der Menschen richtet sich nicht nur gegen Kushner, sondern vor allem auch gegen den eigenen Präsidenten.

Der Zorn über das Bauprojekt fügt sich ein in die Massenproteste gegen die Regierung und das «System Vucic». «Die Menschen in Serbien müssen einmal mehr erkennen, dass sich das Recht nicht durchsetzt und es keine Gewaltenteilung gibt», schliesst Wölfl. So verfestige sich der Eindruck, dass die Regierung tun und lassen könne, was sie wolle.

Seit dem Einsturz eines Vordachs an einem Bahnhof in Novi Sad im November 2024, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen, kommt es in Serbien fast täglich zu Kundgebungen. Mitte März kam es in Belgrad zur grössten Demonstration in der Geschichte des Landes.

Die Protestbewegung macht den Staat für das Unglück verantwortlich und fordert die Veröffentlichung aller Dokumente zur Renovierung des Bahnhofsdachs und die Bestrafung der Verantwortlichen. Zudem prangert sie Korruption und Vetternwirtschaft in der Regierung und im gesamten Staatsapparat an.

SRF 4 News, 25.03.2025, 10:34 Uhr ; 

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