Zum Inhalt springen

Gegen Korruption Hunderttausende protestieren in Belgrad gegen Serbiens Regierung

  • Riesige Menschenmassen sind ins Zentrum der serbischen Hauptstadt Belgrad zur wahrscheinlich grössten Demonstration in der Geschichte des Balkanlandes geströmt.
  • Hunderttausende folgten dem Demonstrationsaufruf der studentischen Protestbewegung unter dem Motto «Am 15. für die 15», berichtete der Nachrichtensender N1.
  • Präsident Aleksandar Vučić sei froh, dass es keine Schwerverletzten gegeben habe.

Drohnenaufnahmen, die mehrere serbische Medien anfertigten, zeigen langgezogene Strassenzüge der Belgrader Innenstadt voller Menschen. Beobachter bezeichnen die Kundgebung als die grösste Demonstration in der Geschichte des Balkanlandes.

Bahnhofsunglück als Auslöser für Protest

Ihr Motto spielt auf das Unglück in der nordserbischen Stadt Novi Sad am 1. November an, bei dem ein Bahnhofsvordach einstürzte und 15 Menschen ums Leben kamen. Die Katastrophe löste eine grosse Protestwelle aus, die von den Studierenden des Landes getragen wird. 

Die Teilnehmer der Proteste machen die Korruption der Regierenden unter dem teils autoritär herrschenden Präsidenten Aleksandar Vučić für das Unglück in Novi Sad verantwortlich. Der Bahnhof war kurz davor umgebaut worden. Sie fordern aber nicht den Rücktritt von Politikern, sondern die konsequente Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und die Bestrafung von korrupten Akteuren. 

Kritiker werfen Vučić vor, seine Macht auf korrupte Netzwerke, eingeschränkte Medienfreiheit und manipulierte Wahlen zu stützen. Die Kontrolle über die Justiz ermögliche es ihm, Zustände aufrechtzuerhalten, die im Widerspruch zur Rechtsstaatlichkeit stehen. 

Zu Fuss in die Hauptstadt

Zu der Kundgebung kamen Menschen aus ganz Serbien nach Belgrad. Studierende waren aus verschiedenen Landesteilen zu Fuss in die Hauptstadt marschiert. Ihnen bescherten Belgrads Bürgerinnen und Bürger in der Nacht zuvor einen euphorischen Empfang.

Zentrum der Kundgebung war am späten Nachmittag der Slavija-Platz, auf dem die Organisatoren eine Bühne errichtet hatten.

Um 11:52 Uhr, dem Zeitpunkt des Unglücks von Novi Sad, hielten Tausende Menschen, die schon in Belgrad waren, eine 15 Minuten lange Schweigeandacht für die Opfer ab. Eine unwirkliche Stille legte sich über die Stadt. 

Lage entspannte sich gegen Abend

Die Lage entspannte sich gegen Abend allmählich, wie unser Korrespondent vor Ort berichtet. Zuvor hatte das Innenministerium erklärt, dass es nach der Demonstration vom frühen Abend zu gewaltsamen Zwischenfällen gekommen sei.

Die Studierenden erklärten, gewaltbereite Hooligans hätten sie mit Flaschen und Steinen angegriffen. Sie riefen die versammelte Protestmenge in der Folge auf, die Zone um das Parlament zu verlassen.

Vučić fürchtete sich vor Umsturz

Vučić hatte im Vorfeld gemeint, dass die Studenten einen gewaltsamen Umsturz planten und öffentliche Gebäude stürmten. Aber das Grossereignis verlief friedlich. 

In einem südlichen Vorort von Belgrad fuhr ein Autofahrer absichtlich in eine Menge marschierender Menschen. Drei junge Leute erlitten Verletzungen, wie die Polizei mitteilte. Der Fahrer des Fahrzeugs wurde festgenommen. 

Vučić wandte sich am späten Abend an die Bevölkerung. Er sei froh, dass es keine Schwerverletzten gegeben habe.

Auch in der Vergangenheit war es immer wieder zu Angriffen auf Demonstranten gekommen, sei es durch Regierungsanhänger mit ihren Autos oder durch Schläger aus dem Umfeld der Regierungspartei von Vučić.

Tagesschau, 15.03.2025, 19:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel