Worum geht es? Das Oberste Gericht von Brasilien hat entschieden, dass der frühere Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, vor Gericht gestellt wird. Es lägen genug Beweise vor. Bolsonaro soll versucht haben, den Amtsantritt seines linksgerichteten Nachfolgers, Luiz Inácio Lula da Silva, nach dessen Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2022 zu verhindern. Bolsonaro war in den Jahren 2019 bis 2022 Präsident.
Es scheint etwas Persönliches gegen mich zu sein. Die Anschuldigungen sind sehr schwerwiegend und unbegründet.
Was sagt der Ex-Präsident? Er weist die Vorwürfe zurück. «Es scheint etwas Persönliches gegen mich zu sein. Die Anschuldigungen sind sehr schwerwiegend und unbegründet», so Bolsonaro nach der Entscheidung des Gerichts. Bolsonaro sagte weiter, er habe friedliche Demonstrationen gegen Lulas Wahlsieg zwar begrüsst, gewalttätige Proteste aber abgelehnt. Tatsächlich streute er aber nach seiner Niederlage immer wieder Zweifel an der Rechtsmässigkeit der Wahl, ohne allerdings Beweise vorzulegen.
Bolsonaro war auch schlau genug, sich nicht persönlich an den Chats und Sitzungen zu beteiligen.
Was haben die Ermittelnden gegen Bolsonaro in der Hand? Sandra Weiss, freie Journalistin, sagt dazu: «Die Staatsanwaltschaft hat zusammen mit der Bundespolizei sofort nach dem Putschversuch reagiert und konnte viele Täter festnehmen und viele Beweise sicherstellen.» Bei Bolsonaro selbst sei es etwas schwieriger, der war zum Zeitpunkt des Putsches in den USA. «Er war auch schlau genug, sich nicht persönlich an den Chats und Sitzungen zu beteiligen.» Allerdings gibt es den Kronzeugen Mauro Cesar Barbosa, der damals Bolsonaros Sekretär war. «Er hat vor den Ermittlern ausgesagt und Bolsonaro schwer belastet.»
Wer ist sonst noch angeklagt? Neben dem Ex-Präsidenten sind in dem Verfahren sieben weitere Männer angeklagt, darunter der frühere Gemeindienstchef Alexandre Ramagem, der ehemalige Justizminister Anderson Torres und der frühere Verteidigungsminister Braga Netto. Ihnen werden Bestrebungen zur gewaltsamen Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats, die Planung eines Staatsstreichs und die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Sie weisen die Vorwürfe ebenfalls zurück.
War es ein versuchter Staatsstreich? Nach Überzeugung der Ermittler plante der rechte Ex-Militär in einer kriminellen Vereinigung mit seinen Verbündeten einen Putsch, um sich nach seiner Wahlniederlage im Oktober 2022 gegen den bis heute amtierenden Präsidenten Lula an der Macht zu halten. Am 8. Januar 2023 stürmten Anhänger Bolsonaros, die den Wahlsieg Lulas nicht anerkennen wollten, den Kongress, Regierungssitz und Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt Brasilia und richteten erhebliche Schäden an.
Was droht Bolsonaro? Im Falle einer Verurteilung drohen ihm und seinen Mitangeklagten allein für den Tatvorwurf des Staatsstreichs bis zu zwölf Jahre Haft. Gegen das Urteil des Obersten Gerichtshofs können keine Rechtsmittel eingelegt werden. Bolsonaro darf bereits bis 2030 keine öffentlichen Ämter bekleiden.
Laufen weitere Verfahren gegen Bolsonaro? Ja. Gegen den Ex-Präsidenten sind derzeit eine ganze Reihe von Verfahren in Gang. So wirft die Polizei ihm auch vor, Schmuck und Luxusuhren, die er in seiner Amtszeit als offizielles Gastgeschenk in Saudi-Arabien erhielt, illegalerweise zur eigenen Bereicherung verkauft zu haben. Bolsonaro stritt auch dies stets ab. Ausserdem liess er nach Auffassung der Ermittler während der Coronapandemie Impfpässe für sich, Familienmitglieder und Mitarbeiter fälschen.