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Einigung von Union und SPD Der Koalitionsvertrag steht: Wie geht es jetzt weiter?

Die deutschen Regierungsparteien haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt: Das sind ihre Pläne für Deutschlands Zukunft.

Was ist ein Koalitionsvertrag? In Deutschland haben die künftigen Regierungsparteien festgelegt, was sie in Deutschland in den nächsten Jahren konkret verändern wollen. Festgeschrieben haben sie das im sogenannten Koalitionsvertrag, den die Parteispitzen der CDU, CSU und SPD nun präsentiert haben. Der Koalitionsvertrag ist 144 Seiten stark und beinhaltet Prinzipien zu allen wichtigen Themen wie Wirtschaft, Finanzen, Migration oder auch Familienpolitik.

Welche Partei übernimmt welche Ministerien?

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Erstmals vorgesehen ist ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Die CDU soll seit fast 60 Jahren wieder das Aussenministerium übernehmen. Finanzministerium und Verteidigungsministerium werden künftig von der SPD geführt. Das Innenministerium soll an die Union gehen. Hier die Übersicht:

Die CDU übernimmt: 

  • Die Leitung des Bundeskanzleramtes; der Chef soll den Rang eines Bundesministers haben
  • Das Ministerium für Wirtschaft und Energie
  • Das Auswärtige Amt
  • Das Ministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  • Das Gesundheitsministerium
  • Das Verkehrsministerium
  • Das Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung

Die SPD übernimmt: 

  • Das Finanzministerium
  • Das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz
  • Das Ministerium für Arbeit und Soziales
  • Das Verteidigungsministerium
  • Das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit
  • Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
  • Das Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Die CSU übernimmt: 

  • Das Innenministerium
  • Das Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt
  • Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat

Was sind die wichtigsten Punkte des Vertrags? Die Vereinbarung von Union und SPD sieht Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger vor. So soll die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen gesenkt werden. Dies soll allerdings erst zur Mitte der Legislatur passieren, also in etwa zwei Jahren. Auch Pendler sollen steuerlich entlastet werden. Und: Die Koalition will sparen. In der Bundesverwaltung sollen in vier Jahren 8 Prozent der Stellen abgebaut werden – mit einer Ausnahme für Sicherheitsbehörden. Es soll nur noch halb so viele Beauftragte des Bundes geben. Bei Förderprogrammen und Beiträgen für internationale Organisationen soll insgesamt eine Milliarde Euro eingespart werden. 

Verschärfung bei der Migration

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Die CDU, CSU und SPD haben sich unter anderem auf neue Regeln bei der Migration verständigt. Die Koalition will das Asyl- und Migrationsrecht verschärfen und Menschen bereits an den Grenzen weiter zurückweisen. Asylverfahren in Drittstaaten, wie von der Union gefordert, sind jedoch nicht vorgesehen. Der Familiennachzug von sogenannten subsidiär Geschützten, derzeit überwiegend Syrer, soll für zwei Jahre ausgesetzt werden. Nach Syrien und Afghanistan soll – beginnend mit Straftätern – abgeschoben werden.

Die von der «Ampel»-Regierung in Deutschland beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Zuwanderer soll wieder abgeschafft werden. Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sollen zwei Jahre lang keine Familienangehörigen mehr nach Deutschland holen dürfen.

Wie liefen die Verhandlungen? Die Koalitionsverhandlungen hatten am 13. März begonnen. Zuvor hatten sich Union und SPD in Sondierungsgesprächen bereits auf ein elfseitiges Eckpunktepapier verständigt, das unter anderem die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen vor allem in die Infrastruktur vorsah. Sie reagierten damit unter anderem auf die veränderte Weltlage nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump. Die europäischen Verbündeten befürchten, dass sie sich nicht mehr wie bisher auf den Schutz der USA verlassen können. Sie wollen daher massiv in ihre Sicherheit investieren.

Wann legt die neue Regierung los? Der deutsche CDU-Chef und wahrscheinlich künftige Bundeskanzler Friedrich Merz geht davon aus, dass die neue Bundesregierung Anfang Mai stehen wird. Er erwarte eine Zustimmung von CDU, CSU und SPD zum Koalitionsvertrag «und dass wir dann Anfang Mai mit einer neuen Bundesregierung an die Arbeit gehen können», sagte er nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen. Abgeschlossen wird die Regierungsbildung durch die Wahl des neuen Bundeskanzlers und die Ernennung seines Kabinetts. Dafür ist der 7. Mai im Gespräch. Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt.

So unterschiedlich einigen sich die Parteien

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Nach den Koalitionsverhandlungen müssen die drei Parteien noch zustimmen, bevor der Vertrag unterzeichnet und Merz zum Kanzler gewählt werden kann. Bei der SPD stimmen die Mitglieder darüber ab, bei der CDU soll ein kleiner Parteitag darüber entscheiden, bei der CSU der Vorstand. Das Mitgliedervotum der SPD nimmt mindestens zehn Tage in Anspruch. Wegen der Osterfeiertage kommende Woche dürfte es aber ein paar Tage länger dauern. 

Was sagt die AfD? AfD-Chefin Alice Weidel bezeichnet den vorgelegten Koalitionsvertrag von Union und SPD als «Kapitulationsurkunde» von CDU-Chef Friedrich Merz und von CDU/CSU. Die Union habe kein einziges Wahlversprechen eingehalten und Merz sei schon vor seiner Wahl zum Bundeskanzler auf breiter Front gescheitert, sagt Weidel. Das Regierungsprogramm gehe die wichtigen Herausforderungen des Landes nicht an. Die AfD hat gemäss dem Meinungsforschungsinstitut Ipsos seit den Bundestagswahlen von vor sechs Wochen erneut Boden gutgemacht und mit 25 Prozent zum ersten Mal die Christdemokraten (24 Prozent) überholt. Für die nach Angaben des Instituts repräsentative Umfrage wurden am 4. und 5. April 1000 Bürgerinnen und Bürger befragt. Eine Zusammenarbeit mit der AfD hatte die Union von Anfang an ausgeschlossen.

SRF 4 News, 9.4.2025, 12:30 Uhr ; 

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