Zwei Wochen nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien und den jüngsten Nachbeben ziehen die Rettungskräfte noch immer Leichen unter den Trümmern hervor. Mittlerweile liegt die Zahl der Toten bei 48'000. In erster Linie gehe es jetzt darum, die Überlebenden zu schützen, sagt Katharina Schnöring, Leiterin des SKH-Soforthilfe-Teams in Antakya, Hauptstadt der südtürkischen Provinz Hatay.
SRF News: Wie behält man im Katastrophengebiet den Überblick?
Katharina Schnöring: Das Gebiet ist gross, das macht es schwierig. Das Erdbeben von Montag der Stärke 6.4 hat weitere Schäden verursacht. In Hatay gab es drei weitere Tote und über 240 Verletzte. Es wurden wieder Strassen gesperrt. Die UNO koordiniert die internationalen humanitären Akteure von NGOs und Regierungen. Wir haben Kontakt zum türkischen Katastrophendienst.
Am Montag fuhr ich von Hatay weg über 300 Kilometer durch zerstörtes Gebiet. Die Überlebenden sind teilweise in Camps untergebracht, welche die Regierung aufgestellt hat. Doch viele wollten lieber Zelte in der Nähe ihrer Häuser. Nach dem erneuten Erdbeben gingen viele wieder in die Camps. Viele Menschen übernachten in der Kälte auch in Autos oder im Wald, wo es relativ sicher ist.
Welche Vorsichtsmassnahmen werden getroffen, damit es bei Nachbeben nicht noch mehr Tote gibt?
Gewisse Strassen und Brücken wurden gesperrt. Niemand geht mehr in die Häuser, um Sachen zu holen, wie dies vor dem Nachbeben teils der Fall gewesen war. Für die bereits traumatisierten Menschen war der erneute Schock gestern enorm schwer zu ertragen.
Die Schweiz ist seit dem grossen Beben vor zwei Wochen im Gebiet. Wie hat sich die Hilfe seither verändert?
Bis Montag liefen noch Rettungsaktionen. Bis vor drei Tagen fand man noch Überlebende. Nun wird die Abgabe von Essen, Hygienepaketen, Zelten, Decken und Liegematten vorangetrieben. Die internationale Hilfe konzentriert sich vor allem auf die Städte, in den Dörfern ist bisher viel weniger angekommen.
Wie gehen die Menschen mit der Kälte um?
Das ist ortsabhängig. In gewissen Gebieten liegt Schnee und es ist sehr kalt. Es wurde von Temperaturen von minus 25 Grad noch diese Woche berichtet. Die Regierung verteilt Container, da es in Zelten zu kalt ist. Angesichts des riesigen Gebietes gibt es nicht genug Hilfsmaterial. Die humanitäre Hilfe klärt ab, welche Gebiete schon Hilfe erhalten haben und welche noch brauchen. Je weiter man in die Dörfer hinausgeht, desto weniger Hilfe kommt an.
Das Gespräch führte Roger Brändlin.