In der Türkei sind auch Helferinnen und Helfer aus der Schweiz im Einsatz. Bereits am Montagabend ist eine Staffel des Schweizerischen Vereins für Such- und Rettungshunde Redog ins Katastrophengebiet gereist. Gian Forster und sein Team haben mit ihren Hunden in der Stadt Iskenderun im Südosten der Türkei bis jetzt vier Menschen lebend aufgespürt und gerettet. Gian Forster sagt, sie würden bleiben, solange es sie brauche.
SRF News: Wie müssen wir uns eine Bergung genau vorstellen?
Gian Forster: Wir arbeiten mit unserem Partner, der türkischen Rettungsorganisation GEA, zusammen. Wir von Redog sind für die Suche zuständig – wenn unsere Hunde Witterung von lebenden Menschen aufnehmen, zeigen sie das mit Bellen an. Wir sind dann in intensivem Austausch mit den Verantwortlichen vor Ort und schauen, wie eine Rettung bestmöglich funktionieren könnte. Die Rettung der Person kann dann Stunden oder sogar Tage dauern.
Sie haben bereits vier Menschen gerettet. Können Sie etwas dazu sagen?
Wir wissen, dass es sich wahrscheinlich um eine vierköpfige Familie handelt – ein Ehepaar mit zwei Kindern im Teenageralter. Unsere Hunde haben angegeben, wir haben dann die Rettungskräfte informiert. Die Rettung selber konnten wir nicht abwarten, da es uns an einem anderen Ort gebraucht hat. Unser Partner, die türkische Rettungsorganisation, hat bisher insgesamt 24 Personen gerettet.
Wenn man es nicht versucht, dann findet man auch nichts. Wir sind hier, solange es uns braucht.
Was ging in Ihnen vor, als Ihre Hunde angezeigt haben, dass sie Überlebende unter den Trümmern gefunden haben?
Es war ein sehr emotionaler Moment. Für mich stand aber im Vordergrund, die Arbeit fertig zu machen, also die bestmögliche Voraussetzung für die Rettung zu schaffen, und die Retter dann arbeiten zu lassen. Was wir da wirklich geleistet haben, werden wir erst fassen können, wenn wir wieder zu Hause sind.
Ihr Ziel ist es, Lebende zu finden. Die Zeit arbeitet gegen Sie – wie lange geht die Suche noch?
Das kann ich nicht sagen. Mit der Zeit nimmt natürlich die Wahrscheinlichkeit einer Ortung und Rettung von Lebenden ab. Aber es ist nicht ausgeschlossen, und wenn man es nicht versucht, dann findet man auch nichts. Deshalb sind wir auch hier, solange es uns braucht.
Wunder können also passieren?
Wunder passieren in unserem Alltag immer wieder. Wir hoffen einfach das Beste – und geben auch unser Bestes.
Es ist wirklich schlimm hier.
Iskenderun ist eine Stadt mit rund 250'000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Welches Bild zeigt sich Ihnen vor Ort?
Ich sehe grosse Zerstörung, viele kaputte Gebäude. Ich sehe auch eine Bevölkerung, die stark leidet. Es sind zum Teil sehr arme Leute. Die hatten nicht viel und haben nun noch weniger. Aber ich sehe auch eine Bevölkerung, die zusammensteht, die Kleider und Nahrung teilt – und sehr freundlich ist.
Haben Sie in Ihrer Laufbahn bereits etwas Vergleichbares erlebt?
Nein. Es ist wirklich schlimm hier. Ich denke, das Ausmass wird mir erst bewusst, wenn ich zu Hause bin und das Erlebte verarbeiten kann.
Das Gespräch führte Reena Thelly.