Auf der griechischen Insel Lesbos sind bei einem Brand im Flüchtlingslager Moria gemäss Angaben der griechischen Polizei mindestens zwei Personen ums Leben gekommen. Das Lager wird seit Jahren kritisiert, weil es chronisch überfüllt ist. Momentan leben 13’000 Menschen in diesem Lager, das nur für 3000 Personen geplant wurde. Journalistin Rodothea Seralidou berichtet über die Vorfälle.
SRF News: Wie ist die Lage in Moria im Camp heute früh?
Rodothea Seralidou: Es ist ruhig im Camp, aber die Befürchtung ist gross, dass die Stimmung bei kleinstem Anlass wieder kippen könnte. Gestern Abend sind mehrere Wohncontainer komplett abgebrannt.
In griechischen Medien ist die Rede davon, dass das Feuer von den Migranten als Protestaktion absichtlich gelegt worden sei, um auf die schlechten Bedingungen im Camp aufmerksam zu machen
Tausende Menschen waren aus dem Camp geflohen, vor allem Familien mit Kindern. Sie haben Angst, dass die Lage weiter eskaliert oder dass es erneut zu Unruhen kommt.
Gibt es schon Angaben zur Brandursache?
Die genauen Brandursachen sind immer noch unklar. Es gab zwei Brände im Camp. In den griechischen Medien ist die Rede davon, dass das Feuer als Protestaktion absichtlich gelegt worden sei, um auf die schlechten Bedingungen aufmerksam zu machen. Offiziell bestätigt sind die Brandursachen noch nicht.
Zwei Feuerwehrautos wurden beschädigt. Löschhelikopter mussten zum Einsatz kommen.
Die Polizei ist mit Tränengas und Leuchtraketen eingeschritten. Aus Sicht der Polizei sei das notwendig gewesen. Daran wird aber Kritik laut: Die Polizei hätte das Camp besser evakuiert und die Menschen in Sicherheit gebracht, statt bei so vielen Familien mit Kleinkindern Tränengas einzusetzen.
Was wird unternommen, um die Lage zu entspannen?
Der Chef der griechischen Polizei ist zusammen mit dem Vizeminister und dem griechischen Generalsekretär für Flüchtlingspolitik aus Athen eingeflogen, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Mit ihnen im Flieger waren auch Spezialeinheiten der Polizei. Sie wurden im Camp von Moria aufgestellt und sollen dafür sorgen, dass es ruhig bleibt.
Die Flüchtlinge in Moria und in anderen überfüllten Camps haben wiederholt verlangt, auf das griechische Festland gebracht zu werden. Zum Teil passiert das. Reicht das nicht?
Nein, es reicht nicht. Am Samstag sind zum Beispiel 500 Menschen von den Inseln aufs Festland gebracht worden. Aber mittlerweile leben über 25’000 Flüchtlinge und Migranten auf den Inseln. Es wohnen 13’000 Menschen allein in Moria. Der Leiter des Camps sagt deshalb, das Lager könne keine weiteren Menschen mehr aufnehmen.
Gibt es andere Lösungsansätze?
Die griechische Regierung hält an den Entlastungsbestrebungen fest.
Die Migranten sollen auf alle Regionen des Landes verteilt werden, proportional zur Grösse und zum Bevölkerungsanteil, so dass nicht nur die Inseln die Bürde tragen müssen.
Etwa 15'000 Menschen sollen von den Inseln aufs Festland gebracht werden. Das wäre eine grosse Entlastung. Sie sollen auf alle Regionen des Landes verteilt werden, proportional zur Grösse und zum Bevölkerungsanteil, so dass nicht nur die Inseln die Bürde tragen müssen. Zusätzlich wird geprüft, ob mehr Hotels und Wohnungen für diese Menschen gefunden werden können, sodass sie nicht ausschliesslich in Flüchtlingslagern untergebracht werden müssen. Die Regierung will auch stärkere Grenzkontrollen mit Hilfe des Militärs, der Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex.
Die Regierung plant auch ein schnelleres, effektiveres Asylverfahren, sodass nur die Menschen im Land bleiben, die wirklich Schutz brauchen und der Rest schneller abgeschoben werden kann. Über diese Lösungsansätze wird die griechische Politik beraten.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.