Details über russische und ukrainische Kriegsverluste, geplante Waffenlieferungen an beide Seiten, politisch brisante Details über die Bespitzelung von Partnern: Das und mehr wurde vergangene Woche im Rahmen der Veröffentlichung von Geheimdokumenten aus dem Pentagon publik.
Das sind die Dokumente: Wie regierungsnahe Quellen gegenüber US-Medien erklärt haben, sind die über 100 Dokumente mehrheitlich echt und entsprechen täglichen Analysen, die der militärischen Führung zur Verfügung gestellt werden. Gespeichert werden diese in eigenständigen Computersystemen, die nicht mit dem Internet verbunden sind. Diese Computer befinden sich in gesicherten Arbeitsbereichen, in denen elektronische Geräte verboten sind, mit denen Fotos, Videos oder Audioaufnahmen gemacht werden können. Dennoch gelang es jemandem, Teile der Dokumente auszudrucken und anschliessend zu fotografieren.
Das ist die Chronologie des Leaks: Am 6. April berichtete die «New York Times», dass geheime US-Dokumente im Netz zirkulieren. Zu diesem Zeitpunkt waren diese aber bereits seit Januar einem kleinen Zirkel von Usern der Plattform Discord bekannt. Wie als Erstes das Investigativportal «Bellingcat» nachgezeichnet hat, wanderten sie Anfang März aus dem kleinen Zirkel heraus in einen grösseren Kanal, und von dort gelangten sie Anfang April auf weitere Plattformen wie 4Chan, Twitter und Telegram. Unklar blieb, wer die Dokumente als erstes veröffentlicht hatte. Am Donnerstag (13. April) publizierte die «Washington Post» dann Details über einen Verdächtigen.
Der mutmassliche Leaker: Die Bundespolizeit hat einen Verdächtigen festgenommen. Der Mann sei in Verbindung mit der «unbefugten Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen» in Gewahrsam genommen worden, sagte US-Justizminister Merrick Garland. Er sei Angehöriger der Nationalgarde und heisse Jack T. Der Mann wurde in North Dighton im US-Bundesstaat Massachusetts festgenommen. Der TV-Sender CNN zeigte Videoaufnahmen der Festnahme. Dort war zu sehen, wie Einsatzkräfte einen jungen Mann in T-Shirt und kurzer Hose abführten.
Das ist Discord: Der Dienst startete 2015 und wurde wegen seiner schnellen Verbindung vor allem bei Gamerinnen und Gamern beliebt. User können sich über nach Interessen sortierte Server austauschen. Zwar gibt es auch öffentliche Server, doch in den meisten Fällen ist eine Einladung nötig, um beizutreten. Der Dienst ist zwar nicht nach dem «End-to-End»-Verfahren verschlüsselt, doch die Inhalte aus den Servern werden nicht von Suchmaschinen indexiert. In der Vergangenheit wurde darum immer wieder angemahnt, dass auf Discord extremistische Inhalte geteilt würden.
So reagiert der US-Sicherheitsapparat: Wikileaks machte vor rund einem Jahrzehnt hunderttausende Dokumente aus dem US-Regierungsapparat publik. Es folgten die Enthüllungen von Edward Snowden über die NSA. Die Geheimdienste und das Pentagon kündigten daraufhin Reformen an. Doch auch im aktuellen Fall sollen Hunderte oder gar Tausende Personen Zugang zu den heiklen Dokumenten gehabt haben. Innerhalb der Regierung und der Geheimdienste werden darum wieder Rufe laut, wonach dieser Kreis signifikant verkleinert werden soll. Das Pentagon hat eine interne Untersuchung angekündigt.