Das Mullah-Regime ist geschwächt. Seine sogenannte «Achse des Widerstands» gegen Israel, bestehend aus mit Teheran verbündeten Milizen und Terrororganisationen, ist geschwächt. Vor allem die Hamas und die Hisbollah sind geschwächt. Irans syrischer Schützling Baschar al-Assad wurde aus dem Amt gefegt. Und bei einem Gegenschlag – nach iranischen Luftangriffen auf Israel – haben die israelischen Streitkräfte Teile der iranischen Luftabwehr zerstört.
Dazu kommt: Im Iran läuft es wirtschaftlich schlecht. Nicht nur wegen der US-Sanktionen, sondern ebenso wegen der Misswirtschaft und enormen Korruption. Der oberste geistliche Führer Ali Chamenei und seine Mitstreiter dürften sich unbehaglich fühlen.
Entsprechend schätzen viele Beobachter die Gefahr, dass der Iran nun tatsächlich Atombomben baut, als grösser denn je ein. Laut der UNO-Atombehörde IAEA unternimmt er dramatische Schritte in diese Richtung. Die Urananreicherung auf sechzig Prozent wird massiv ausgeweitet. Dafür gibt es keinerlei zivilen Zweck. Je nach Quelle könnten die Mullahs in einem bis eineinhalb Jahren mehrere einsatzfähigen Bomben besitzen, also eine Atommacht sein. Gleichzeitig fordert ein starkes Lager in Teheran genau das. Und eine Abkehr vom Prinzip, Atombomben seien «unislamisch».
Atombomben als Rückversicherung
Regime wie jenes in Teheran, aber auch das nordkoreanische und das russische, sehen in Atombomben die ultimative Rückversicherung. Nicht für ihr Land, nicht für ihr Volk, hingegen für ihre Herrschaft. Wer Atombomben besitz,t wird, gemäss dieser Lesart, nicht angegriffen oder weggeputscht.
In Israel wiederum möchte Regierungschef Benjamin Netanyahu seit Jahren das iranische Atomprogramm durch Zerstörung beenden. Darin bestärkt ihn die Aussicht, dass sein Spezi Donald Trump bald ins Weisse Haus zurückkehrt. Er dürfte eine israelische Militäroperation gegen das iranische Atomprogramm mit Wohlwollen sehen, anders als Joe Biden.
Allerdings ist ungewiss, ob es Israel tatsächlich gelänge, Irans Atominfrastruktur gänzlich zu zerstören, zumal Teile davon tief im Boden verbunkert sind. Und das Atom-Knowhow hat der Iran inzwischen. Das kann man ihm nicht nehmen und damit auch nicht die Möglichkeit, künftig neue Atomprogramme zu lancieren.
Ungenügende Kooperation mit der IAEA
Angesichts dieser Risiken laufen derzeit intensive Bestrebungen, den Iran mit Diplomatie und Druck zum Einlenken zu bewegen. Aktiv sind vor allem die EU, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland. Neulich beschloss der Gouverneursrat der IAEA eine Resolution gegen den Iran, weil der ungenügend mit der UNO-Atombehörde kooperiert.
Das brachte einen Teilerfolg: Zwar fährt der Iran die Urananreicherung nicht herunter, hingegen will er nun immerhin wieder mehr und gründlichere IAEA-Inspektionen zulassen. Ein anderes Druckmittel bietet der sogenannte «Snapback»-Mechanismus. Er ist Teil der UNO-Sicherheitsratsresolution zum iranischen Atomprogramm. Mit diesem Mittel könnten die internationalen Sanktionen gegen den Iran wieder eingeführt werden. Ein Veto durch Irans Freunde China und Russland ist da nicht möglich.
Die Lage rund um das iranische Atomprogramm ist im Fluss. Und sie besorgniserregend wie schon lange nicht mehr.