Nora Fridrichovas Stimme kennen in Tschechien fast alle. Sie moderiert im Fernsehen jede Woche die Nachrichtensendung «168 Stunden». Und jetzt nimmt sie uns mit ihrer Handykamera mit in ihre «Garderobe» in Prag.
Hilfswerk für Alleinerziehende
«Satnik» heisst die Halle in Prags altem Markt, wo gerade ein Mann volle Plastiktüten ablädt. Täglich geben Menschen hier Kleider, Kosmetik, Essen ab. Täglich bieten hier Tschechinnen und Tschechen Nachhilfe an für Kinder oder Massagen für Mütter und Väter.
Fridrichova hat das Hilfswerk vor einem Jahr gegründet. In Tschechien gebe es viele wohlhabende Menschen, die Kleider spendeten. «Auf der anderen Seite gibt es aber Mütter, die sich keine Schuhe leisten können für ihre Kinder.» Das Hilfswerk «Satnik» ist da für Alleinerziehende. Es ist jetzt besonders gefragt, da in Tschechien schnell alles teurer wird.
Fridrichovas Kamera fängt eine junge Frau ein, die einem kleinen Mädchen hinterherrennt. Es ist Marie Stulpova, sie zieht ihre beiden Töchter allein gross. Sie arbeitet für Satnik, aber ihr Lohn ist jeden Tag weniger wert. Oft sei der tatsächliche Preis an der Kasse höher als der, der auf dem Etikett stehe.
Auch die Miete steigt
Eigentlich unterstützt der tschechische Staat Ärmere grosszügig, aber Stulpovas Kinder sind gerade herausgewachsen aus dem Alter, in dem es Kleinkinder-Zuschüsse gibt.
Eigentlich haben die meisten Menschen in Tschechien ihre eigene Wohnung, aber Marie Stulpova kann sich das nicht leisten und wohnt zur Miete. Ihre Vermieterin habe ihr nun mitgeteilt, dass sie ihr die Miete werde erhöhen müssen.
Hilfswerksgründerin Fridrichova sagt, in diesen Zeiten der hohen Inflation sparten ärmere Menschen vor allem beim Essen. «Fleisch, Früchte und Gemüse kaufen die armen Familien nicht mehr, das ist alles sehr teuer geworden.» Die Kinder bekämen stattdessen billige, ungesunde Fertig-Nudelsuppen.
Immer mehr brauchen Hilfe
Etwa 400 Menschen stellen sich bei «Satnik» an. Es sind derzeit jeden Tag einige mehr. Sie holen Kleider, helfen beim Sortieren und nehmen dafür Essen mit nach Hause. Doch, so sagt Fridrichova, langsam werde es schwierig, Spender zu finden. Alle sparten, wo es nur gehe.
«So etwas hat es in Tschechien noch nie gegeben. Die Suppenküchen für Arme haben inzwischen kein Essen mehr, weil so viele Leute dort Schlange stehen», so Fridrichova.
Der Alleinerziehenden Marie Stulpova macht allerdings das Morgen noch mehr Sorgen als das Heute: «Dieser Winter wird schlimm. Heizen wird so teuer. Und wir müssen ja auch noch wohnen und essen.»