Der Internationale Seegerichtshof hat Russland zur Herausgabe des Schiffes «Arctic Sunrise» und der Freilassung der gesamten Besatzung aufgefordert. Die Kaution in Höhe von 3,6 Millionen Euro sollen die Niederlande als Bankgarantie in Russland hinterlegen.
Die Massnahmen seien bindend und unverzüglich umzusetzen. Das Gericht sah die Dringlichkeit, dass diese vorläufigen Anordnungen getroffen werden. Alle Besatzungsmitglieder müssten Russland verlassen dürfen.
Geht Russland auf das Urteil ein?
Russland hat in einer ersten Reaktion gemacht, dass das Urteil keinen Einfluss habe auf das laufende Verfahren gegen die Greenpeace-Aktivisten. Der Seegerichtshof sei in der Sache nämlich gar nicht zuständig.
Rainer Lagoni, Professor für Seerecht an der Universität Hamburg, geht allerdings davon aus, dass Moskau der Verfügung des Gerichts folgen wird: «Russland ist eigentlich rechtstreu auf völkerrechtlicher Ebene», stellt er fest. Die Russen hätten versucht zu verhindern, dass sich das Seegericht überhaupt zuständig erkläre, seien damit aber gescheitert.
Aktivisten müssen mit Strafen rechnen
Allerdings müssten die Greenpeace-Aktivisten durchaus damit rechnen, von Russland zur Verantwortung gezogen zu werden, so Lagoni. Denn es sei eindeutig, dass Greenpeace mit der Aktion an der Bohrplattform russisches Recht verletzt habe: Um die russische Plattform bestehe eine Sicherheitszone, innerhalb der russisches Recht gilt. Nur seien die Massnahmen die Russland gegen Greenpeace ergriffen habe, vom Hamburger Seegerichtshof als übertrieben beurteilt worden.
Trotzdem hält Greenpeace in ihrer Reaktion den Gerichtsentscheid für einen «Riesenschritt zur sofortigen Freilassung» der Aktivisten. Laut einem Sprecher geht die Umweltschutzorganisation davon aus, dass die russische Regierung der Entscheidung folgt und alle Anklagepunkte gegen die 30 Aktivisten fallen lassen wird.
Schiff unter niederländischer Flagge
Die Niederlande hatten als Flaggenstaat der «Arctic Sunrise» den Internationalen Seegerichtshof nach der Festnahme am 19. September angerufen.
Russland boykottierte das Verfahren vor dem Seegerichtshof und begründete dies damit, die Seerechtskonvention nur unter Vorbehalten ratifiziert zu haben. Und vor allem: Es keine Instanz, welche allenfalls die Freilassung von Schiff und Mannschaft erzwingen könnte.
Russland droht mit langer Haft
In den vergangenen Tagen hatte die russische Justiz für fast alle der im September festgenommenen 30 Männer und Frauen bereits die Freilassung gegen Kaution angeordnet. Das Verfahren läuft allerdings weiter.
Die internationale Besatzung der «Arctic Sunrise» hatte an einer Ölplattform des russischen Gasmonopolisten Gazprom gegen Umweltzerstörung protestiert. Dabei verletzten die Greenpeace-Aktivisten unter anderem eine international festgelegte Sicherheitszone von 500 Metern für Plattformen auf See. Russland wirft ihnen Rowdytum vor – dafür sind bis zu sieben Jahren Haft möglich.