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International Globalisierung und Freihandel werden immer mehr hinterfragt

Früher kam die Kritik an der Globalisierung von links. Nun kommt der Widerstand auch von rechts, in Frankreich beispielsweise vom Front National, in Deutschland von der AfD, oder im US-Präsidentschafts-Wahlkampf von Donald Trump. Was die Rechte heute stört, erklärt ein Experte.

SRF News: Warum halten immer mehr Menschen Freihandelsabkommen für schlecht?

Manfred Elsig: Zum einen steckt die Globalisierung in einer Krise. Der Enthusiasmus der 1990er Jahre ist weg. Jetzt sieht man auf der linken wie der rechten Seite, dass sich Opposition bildet. Zudem muss man bei der rechten Seite sagen, dass die Kritik auch mit der steigenden Arbeitslosigkeit zu tun hat. Es ist schwieriger, Stellen zu finden oder sich umzuschulen. Deshalb sehen wir immer eine stärkere Opposition.

Unterscheidet sich diese neue, rechte Kritik an der Globalisierung inhaltlich von der Kritik der Linken?

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Freihandelsabkommen im Popularitätstief
aus Echo der Zeit vom 12.09.2016. Bild: zvg
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 49 Sekunden.

Einerseits ist es die Angst vor Arbeitsplatzverlust, andererseits ist es auch die Migration als Teil der Globalisierung. Von der rechten Seite ist darum mit mehr Opposition zu rechnen.

Wenn so viele Menschen den freien Handel zwischen Industrieländern ablehnen, müssten sich dann nicht die Regierungen überlegen, was schiefgelaufen ist?

Die Ablehnung ist nicht in allen Ländern gleich gross. Wenn wir die EU anschauen, dann ist die Ablehnung zum neuen Handelsabkommen TTIP in Österreich, Deutschland und Luxemburg sehr gross. Es gibt aber auch Länder, wo die Unterstützung sehr gross ist, wie Litauen, Irland oder Rumänien. Dort sind siebzig bis achtzig Prozent der Bevölkerung dafür. Die Kritik ist nicht einheitlich.

Warum gibt es diese Unterschiede?

Das eine sind Länder des ehemaligen Ostblocks. Sie haben in den letzten zwanzig Jahren eine ganz andere Geschichte mitgemacht. Sie haben ein anderes Bild von den USA, sie haben sich befreien können aus der Planwirtschaft, leben jetzt in der Marktwirtschaft und sind noch nicht müde davon. Auf der anderen Seite sehen wir Länder wie Deutschland und Österreich. Die profitieren zwar von der Globalisierung, aber ihre Bevölkerung hat eine ganz andere Haltung.

Warum ist der Unmut gegen solche Freihandelsabkommen so gross, wenn man davon profitiert?

Allgemein profitiert man davon. Aber einzelne Gruppen verlieren, vor allem die Mittelklasse, wenn sie sich vergleicht mit der Generation ihrer Eltern. Dann hat sie teilweise das Gefühl – und teilweise ist es faktisch so – dass sie weniger verdienen, und die Lebenshaltungskosten steigen. Vor allem auf der linken Seite und den Umweltverbänden wird sehr professionelles Marketing gegen diese Freihandelsverträge gemacht.

Wird auch auf rechter Seite dagegen geweibelt?

Ja. Es ist schwierig für diejenigen, die aufzeigen möchten, welche Vorteile solche Verträge für Wohlstand, Wachstum, Innovation, Technologietransfer und Unternehmen bringen.

In den USA spricht Donald Trump davon, dass er die Grenzen für Menschen und Waren wieder aufziehen wolle. Kann man denn die Zeit zurückdrehen?

Das ist ein grosses Paradoxon. Die Amerikaner haben sehr stark von der Globalisierung profitiert. Wir haben kürzlich Studien über das TTP gemacht. Die USA sind eine von zwölf Parteien. Wir zeigen auf, dass diese Verträge eigentlich alle im Sinne der USA ausgestaltet wurden. Sie haben Umweltklauseln und Klauseln für Arbeitsnehmerrechte drin, kurz gesagt, sie haben relativ viel von der Kritik aufgenommen. Und jetzt kommt Trump trotzdem mit einer Anti-Globalisierungs-Rhetorik. Sie soll ihm einfach Stimmen bringen.

Trump kommt damit an. Was ist da schiefgelaufen?

Schiefgelaufen ist die Steuerpolitik in diesen Ländern. Die Rendite und Gewinne aus der Globalisierung sind sehr ungleich verteilt und man weiss, dass nur durch eine faire Steuergesetzgebung diejenigen daran teilhaben können, die sonst nicht profitieren würden.

Die Globalisierung hat nur einem kleinen Teil der Bevölkerung finanziell wirklich genützt.

Aus kontinentaleuropäischer Perspektive würde man sagen, die Globalisierung hat vielen geholfen, vor allem aber den Reichen und den USA. Es gibt aber einen Teil der Mittelschicht, die nicht unbedingt profitiert hat.

Wenn wir aber über Asien sprechen, dann sehen wir ganz andere Effekte. Da haben wirklich grosse Teile der Gesellschaft profitiert. Wenn man sieht, wie viele Menschen dank mehr Globalisierung aus der Armut herausgekommen sind, dann muss man es auch aus dieser Sicht sehen.

Es lässt sich beobachten, dass staatlicher Protektionismus weltweit zunimmt. Wer profitiert davon?

Das ist eine Frage des Status quo. Wir haben immer noch multilaterale Verträge. In der Welthandelsorganisation WTO haben die Staaten Regeln aufgestellt. Ich sehe im Moment keine Alternative für diese Verträge.

Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.

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