Lange war es still um die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE. Das hat sich mit dem Ausbruch der Krise in der Ukraine geändert. Die Schweiz präsidiert die Organisation und bestimmt deren Rolle in der Ukraine mit.
Der frühere Spitzendiplomat Benedikt von Tscharner zeigt sich beeindruckt von der Arbeit des OSZE-Vorsitzenden Didier Burkhalter. «Ich würde der Schweizerischen OSZE-Präsidentschaft in ihrem Auftreten und dem Wille, etwas Konkretes zu tun, eine sehr gute Note geben.»
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Die OSZE arbeitet zwar auf der Basis des Konsenses. Ohne die Mitwirkung aller Mitglieder kann die Organisation also nichts tun. Dennoch müsse jemand diesen Konsens herbeiführen, betont von Tscharner. Und deshalb sei es auch wichtig, wer den Vorsitz innehabe.
«Die Gelegenheiten machen den Staatsmann»
«Ich glaube, dass Burkhalter eine doppelte Glaubwürdigkeit hat.» Von Tscharner spielt einerseits auf die Persönlichkeit, das Auftreten und die «Ruhe und Klarheit» des Bundespräsidenten an. Er erwähnt aber auch die Neutralität und die föderalistische Organisation der Schweiz, die dem Land «eine gewisse Glaubwürdigkeit» verschafften.
Angesprochen auf den viel gelobten Wandel Burkhalters vom stillen Aussenminister zum Staatsmann sagt von Tscharner, es seien die Gelegenheiten, die den Staatsmann machten. Er glaube aber auch, dass die Stille Burkhalters unterschätzt worden sei. «Er ist jemand, der nicht unnötig redet. Aber wenn er die Lage analysiert hat, dann hat er durchaus auch den Mut, sich zu äussern und in den vorderen Rang zu treten.»
Die Reise Burkhalters nach Moskau und das Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin sei äusserst wichtig gewesen, so der ehemalige Spitzendiplomat. «Die erste Aufgabe eines OSZE-Präsidenten ist es, die Meinungen und Interessen aller Mitgliedstaaten zu kennen.»
«Es muss zu Entscheiden kommen»
Doch von Tscharner äussert sich auch kritisch zur Rolle der OSZE in der Krisenregion. Blicke man auf die vier letzten Monate zurück, «dann waren das ganze ehrlich gesagt katastrophale Monate für die OSZE und ihre Grundsätze». Grundsätze der Organisation wie Demokratie, keine Gewaltanwendung, Dialog und Menschenrechte seien mit den Füssen getreten worden.
Am allerwichtigsten sei es nun, die Partner innerhalb der Ukraine an einen Tisch zu bringen, glaubt von Tscharner. Sie müssten über die Zukunft des Landes als föderalistischer oder zentralistischer Staat «wie vernünftige Erwachsene» reden. Das sei eine grosse Herausforderung. Die Schweiz müsse nicht nur die Gespräche im Gange halten, sondern auch darauf hinwirken, dass Entscheide gefällt würden.
Es sei noch zu früh, um der OSZE für ihre Tätigkeiten in der Ukraine-Krise eine Note zu geben. Es müsse sich erst erweisen, ob es wirklich zu einem Dialog komme. Es gelte aber zu vermeiden, dass es am Schluss heisse, «diplomatische Operation gelungen, Patient gestorben», so der OSZE-Kenner. Die Ukraine müsse zurückfinden zu Demokratie und Menschenrechten.