Zum Inhalt springen
Audio
Die Türkei hat die grösste Moschee Europas finanziert
Aus SRF 4 News aktuell vom 11.10.2024. Bild: Keystone/Visalov Sulaj
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 43 Sekunden.

Islam und Politik Grösste Moschee Albaniens von Erdogan eingeweiht

Der türkische Präsident Erdogan benutzt Religion für Einflussnahme – und Premier Rama nimmt Geschenke gerne entgegen.

Darum geht es: In der albanischen Hauptstadt Tirana ist die grösste Moschee auf dem Balkan eröffnet worden: Perlweisse Fassade, zwei schmale hohe Türme und dazwischen die Flaggen von Albanien – und der Türkei. Für die Inauguration reiste extra der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an – schliesslich hat die Türkei die Moschee finanziert. Erdogan nannte das Gotteshaus «ein Geschenk des türkischen Volkes an seine Brüder und Schwestern» in Albanien. Dabei gehe es dem türkischen Präsidenten allerdings vor allem um Einfluss, sagt die freie Südosteuropa-Korrespondentin Franziska Tschinderle: «Erdogan versucht seit Jahren, seine Macht auf dem Balkan auszubauen.»

Erdogan will offenbar einen ihm genehmen Imam durchsetzen – was eigentlich nicht rechtens ist.
Autor: Franziska Tschinderle Freie Südosteuropa-Korrespondentin

Der Fall Albanien: Die Einflussnahme Erdogans mithilfe der Religion gestalte sich in Albanien allerdings schwierig, sagt die Journalistin. So sei das Land nach dem Zweiten Weltkrieg für Jahrzehnte streng kommunistisch und damit atheistisch geprägt gewesen. Trotzdem wird nun in lokalen Medienberichten befürchtet, dass der türkische Präsident die Moschee als eine Art Trojanisches Pferd benutzen könnte, um seinen Einfluss zu vergrössern. «Erdogan will offenbar einen ihm genehmen Imam durchsetzen – was eigentlich nicht rechtens ist», so Tschinderle.

Der Hintergrund: Um die Moschee tobt ein Machtkampf. Da ist einerseits die türkische Regierung, die das Gotteshaus finanziert. Auf der anderen Seite steht die albanische muslimische Gemeinschaft, die durch die Dachorganisation KMSH vertreten wird. Dieser Organisation wirft Erdogan allerdings seit Jahren vor, von Anhängern des von ihm zum Staatsfeind erklärten Fetullah Gülen unterwandert zu sein. Diesen macht Erdogan für den gescheiterten Putsch in der Türkei 2016 verantwortlich. Die KMSH ist Eigentümerin der Moschee und darf diese betreiben. Doch jetzt versucht Erdogan offenbar, seine Leute in der Moschee zu platzieren.

Erdogan und Rama vor türkischer und albanischer Flagge beim Händeschütteln.
Legende: Offenbar gute Freunde – so gute, dass die Journalistin Franziska Tschinderle von einer Art «Bromance» spricht: der türkische Präsident Erdogan und Albaniens Ministerpräsident Rama. Keystone/Vlasov Sulaj

Die Reaktionen: Nicht nur unter Geistlichen in Albanien ist die Meinung verbreitet, dass die Türkei versuche, sich politisch in Albanien einzumischen. «In Albanien hält man die Trennung von Staat und Kirche hoch – und man ist auch nicht besonders nostalgisch, was das Osmanische Reich betrifft», sagt die Journalistin. Dabei zeigte sich Albaniens Premier Edi Rama bei der Moschee-Eröffnung allerdings durchaus freundschaftlich mit Erdogan. «Man kann bei ihrer Beziehung von einer Art ‹Bromance› sprechen», so Tschinderle. So sei Rama etwa an der Hochzeit von Erdogans Tochter gewesen.

Die Türkei hat sich seit dem Erdbeben 2019 und der Covid-Pandemie als ‹Freund in der Not› für Albanien profiliert.
Autor: Franziska Tschinderle Freie Südosteuropa-Korrespondentin

Der Nutzen: Albanien profitiert durchaus von den guten Beziehungen zwischen Rama und Erdogan und damit zwischen Tirana und Ankara: So erhielt die albanische Armee von der Türkei kürzlich moderne Drohnen. Ausserdem unterstützt Ankara das Land beim Spital-, Schul- oder Wohnungsbau. Auch verbringen immer mehr Türkinnen und Türken ihre Ferien in Albanien, was gut für die Tourismusindustrie ist. Tschinderle stellt fest: «Die Türkei hat sich seit dem verheerenden Erdbeben in Albanien 2019 und der Covid-Pandemie als ‹Freund in der Not› für Albanien profiliert.»

Proteste gegen Premier Edi Rama

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: Imago/Armando Babani

Erst diese Woche haben in Tirana mehrere Tausend Albanerinnen und Albaner gegen Ministerpräsident Edi Rama demonstriert und seinen Rücktritt gefordert. Sie werfen dem seit elf Jahren regierenden Rama Korruption vor.

SRF 4 News aktuell, 11.10.2024, 7:20 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel