Angst vor einem Flächenbrand: Der Krieg in Gaza schürt Ängste vor einer weiteren Eskalation in Nahost. Ein Ort, an dem ein Funke genügen könnte, um einen Flächenbrand auszulösen, ist Libanon. Denn dort könnte sich eine zweite Front gegen Israel eröffnen, angeführt von der Schiiten-Miliz Hisbollah. Mit der mutmasslich von Israel veranlassten Tötung des ranghohen Hamas-Anführers Saleh al-Aruri in der libanesischen Hauptstadt Beirut verschärfen sich die Spannungen zwischen den beiden Ländern. Ob die Iran-treue Miliz tatsächlich willens ist, eine offene Konfrontation mit Israel zu wagen, ist fraglich.
-
Bild 1 von 2. Nach der Tötung des Hamas-Anführers warnte der Chef der Hisbollah, Hassan Nasrallah, Israel vor einer Eskalation des Konflikts. «Wenn der Feind einen Krieg gegen Libanon beginnt, werden wir uns an keine Regeln mehr halten.» Eine direkte Drohung gegen Israel oder gar eine Kriegserklärung sprach er aber nicht aus. Bildquelle: Keystone/AP/Hassan Ammar.
-
Bild 2 von 2. Die Hisbollah und die israelische Armee liefern sich seit Ausbruch des Gazakriegs beinahe täglich Feuergefechte an der Grenze. Bislang schien die libanesische Miliz aber zu zögern, die Kämpfe dramatisch eskalieren zu lassen. Bildquelle: Keystone/AP/Hassan Ammar.
Irans treu ergebene Miliz: Die radikalislamische Hisbollah hat in Libanon grossen politischen und wirtschaftlichen Einfluss. Als Teil von «Irans Achse des Widerstands» wird sie vom Regime in Teheran alimentiert und gefördert. Der militärische Arm der Organisation verfügt über eine beachtliche Schlagkraft und wird von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft.
Der Palästinakrieg / israelischer Unabhängigkeitskrieg: Das vergiftete Verhältnis zwischen Libanon und Israel reicht allerdings bis ins Jahr 1948 zurück. Damals erklärte Israel seine Unabhängigkeit – postwendend griffen fünf arabische Länder Israel an, darunter auch Libanon. Das Ziel der arabischen Koalition, die das Existenzrecht Israels bestritt, war die Zerstörung des jüdischen Staates. Die Koalition sollte eine krachende militärische Niederlage erleiden.
-
Bild 1 von 2. Israel verteidigte nicht nur die jüdischen Gebiete, es kontrollierte nach dem Krieg auch Teile des Territoriums, das laut dem UN-Plan den Palästinensern zugesprochen wurde. Jordanien annektierte das Westjordanland, Ägypten den Gazastreifen. Nach UN-Schätzungen flohen 700'000 Palästinenser aus dem heutigen Israel oder wurden vertrieben. Bildquelle: Keystone/EPA/Eldan David.
-
Bild 2 von 2. In den nachfolgenden Jahren existierten die beiden Länder in relativ friedlicher Koexistenz. Libanon beteiligte sich ebenso wenig am Sechstagekrieg von 1967 (im Bild) wie am Jom-Kippur-Krieg von 1973. Bildquelle: Keystone/AP/GPO.
Hochburg des palästinensischen Widerstands: Während und nach dem Krieg von 1947 bis 1949 flüchteten Hunderttausende Palästinenserinnen und Palästinenser nach Libanon. Auch nach dem Sechstagekrieg von 1967 nahm das Land palästinensische Flüchtlinge auf – das Verhältnis zu Israel trübte sich zusehends. Denn das kleine Libanon wurde bald zur Basis für den politischen und militärischen Widerstand der Palästinenser.
-
Bild 1 von 3. 1964 wurde die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) in Jerusalem gegründet. Unter den Flüchtlingen in Libanon erlangte sie schnell Popularität. 1970 kamen zudem militante PLO-Mitglieder nach Libanon, die aus Jordanien vertrieben wurden (im Bild). Diese errichteten unter Billigung muslimischer libanesischer Gruppen einen Staat im Staat. Bildquelle: Keystone/STR.
-
Bild 2 von 3. Das schwarz-weisse Kopftuch als Symbol des palästinensischen Widerstands: Jassir Arafat, der Gründer der Fatah, rief von Libanon zum Kampf gegen Israel auf. 1969 übernahm Arafat auch die Führung der PLO. Bildquelle: Getty Images/Fred Ihrt.
-
Bild 3 von 3. Wiederholt führten militante PLO-Mitglieder und Splittergruppen der Bewegung in den folgenden Jahren und Jahrzehnten Anschläge und Attentate durch. Die Fatah stieg zur schlagkräftigsten palästinensischen Guerilla-Truppe auf. Bildquelle: Getty Images/Fred Ihrt.
Der Libanonkrieg: Der Zustrom der Palästinenser wurde zur Herausforderung für das fragile Gleichgewicht im Vielvölkerstaat, in dem sich Schiiten, Sunniten und Christen die Macht aufteilen. Schliesslich kam es 1975 zum Bürgerkrieg: Zwischen der christlichen Phalange-Miliz und der PLO nahm ein jahrelanges Blutvergiessen seinen Lauf. Nach einem verheerenden Fatah-Anschlag 1978 in Israel beschloss die israelische Regierung, im Süden Libanons einzugreifen. Auf den begrenzten Einmarsch folgte der israelische Libanon-Feldzug von 1982.
-
Bild 1 von 4. Der endgültige Auslöser für Israels grossangelegte Invasion in Libanon war der Anschlag auf den israelischen Botschafter in London im Juni 1982. Im Libanonkrieg standen sich die israelische Armee und verbündete Milizen auf der einen sowie Kämpfer der PLO und syrische Truppen auf der anderen Seite gegenüber. Bildquelle: Getty Images/Sygma/Michel Philippot.
-
Bild 2 von 4. Israelische Kampfflugzeuge bombardierten die PLO-Büros in Beirut, die israelische Bodenoffensive kam unterstützt von Artilleriefeuer immer weiter voran. Schliesslich zwang die israelische Armee die PLO 1982 zur Flucht nach Tunis. Bildquelle: Getty Images/Roland Neveu.
-
Bild 3 von 4. Während der israelischen Invasion kam es zu einem Massaker im Süden Beiruts: In den Flüchtlingslagern Sabra und Schatila töteten christliche Milizen vom 16. bis 18. September 1982 je nach Schätzungen zwischen 460 und 3000 Menschen – die israelischen Truppen verhinderten die Gräueltaten nicht. Bildquelle: Keystone/AP/STR.
-
Bild 4 von 4. Der Bürgerkrieg in Libanon endete erst 1990. Israel verstrickte sich dabei tief in die ethnischen Konflikte des zersplitterten Landes. 1983 zogen sich die israelischen Truppen auf eine Sicherheitszone im Süden Libanons zurück. Im Jahr 2000 gaben sie schliesslich auch diese Stellungen auf. Bildquelle: Getty Images/Sygma/Michel Philippot.
Der Aufstieg der Hisbollah: Israel konnte 1982 zwar die PLO vertreiben. Doch die Invasion in Libanon entpuppte sich in gewisser Weise als Pyrrhussieg: Denn aus dem Widerstand entstand ab 1982 die Hisbollah als paramilitärische Organisation. Sie verstrickte die israelischen Truppen in einen blutigen Guerillakrieg. In den vergangenen Jahrzehnten kam es zwischen Israel und der Schiiten-Miliz wiederholt zu militärischen Auseinandersetzungen.
-
Bild 1 von 3. Die Hisbollah – die «Partei Gottes» – wurde von Iran als anti-israelische Bewegung gefördert und gewann nach der Vertreibung der PLO an Sympathien unter den palästinensischen Flüchtlingen – auch wegen ihres sozialen Engagements. In den Flüchtlingslagern rekrutierte sie auch junge Palästinenser für den Kampf gegen Israel. Bildquelle: Getty Images/Kaveh Kazemi.
-
Bild 2 von 3. Diverse Anschläge und Selbstmordattentate gegen israelische Truppen in den 1980er-Jahren werden der Hisbollah zugeschrieben. Bis heute nicht abschliessend geklärt ist ihre mögliche Beteiligung an einem Bombenanschlag 1983 auf die multinationalen Streitkräfte in Beirut – dabei kamen 241 US-amerikanische und 58 französische Soldaten ums Leben. Bildquelle: Keystone/EPA/Jim Hollander.
-
Bild 3 von 3. 2006 kam es zum zweiten Libanonkrieg: Die Hisbollah entführte zwei israelische Soldaten an der Grenze zu Libanon. Die militärische Antwort Israels weitete sich zu einem einmonatigen Krieg aus: Über Nordisrael ging ein Raketenhagel nieder, israelische Luftangriffe zerstörten unter anderem Teile von Beirut. Der Waffengang endete ohne klaren Sieger. Bildquelle: Keystone/EPA/Ali Haider.