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Jordanien Wenn die Weltgemeinschaft über die Zukunft Syriens diskutiert

In Jordanien fand gestern ein internationales Treffen zur Lage in Syrien statt. Mit dabei waren Aussenpolitikerinnen und Aussenpolitiker westlicher und arabischer Staaten – und vor allem auch der Nachbarländer Syriens.

Darum geht es: Offiziell ging es bei dem Treffen westlicher und arabischer Aussenpolitikerinnen und Aussenpolitiker darum, den politischen Prozess anzustossen, sodass alle Volksgruppen in Syrien mit einbezogen sind. «Inoffiziell ging es sicherlich auch darum, die Interessen der Länder in der Umgebung zu wahren. Denn es ist klar: Der Sturz des Regimes Assads hat ein enormes Vakuum hinterlassen, das die Parteien versuchen zu füllen», sagt Nahost-Korrespondent Thomas Gutersohn. «Der Krieg in Syrien war auch ein Interessenskonflikt der Länder in der Region, jedes Land hat unterschiedliche Milizen unterstützt. Da gilt es jetzt, eine neue Hack-Ordnung zu schaffen.»

Menschen bei einer Konferenz um einen runden Tisch.
Legende: Die Aussenminister westlicher und arabischer Staaten haben am Samstag über die Zukunft Syriens diskutiert. Reuters/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

Die Türkei als Gewinnerin des Umsturzes : «Wer sicherlich am meisten Einfluss in Syrien gewonnen hat, ist die Türkei. Sie hat die siegreiche HTS Miliz unterstützt», so Nahost-Korrespondent Gutersohn. Die Türkei hat ihre Botschaft gestern wieder geöffnet. Und sie stellt klare Forderungen. «Sie will, dass im Norden die von den USA unterstützten kurdischen Milizen die YPG aufgelöst werden. Für die Türkei ist die YPG der syrische Flügel der Kurdischen Arbeiterpartei der PKK», sagt Gutersohn. Bereits haben protürkische Milizen begonnen, gegen die YPG im Norden Syriens zu kämpfen. «Dieser gewachsene Einfluss der Türkei ist nicht unbedingt gern gesehen in der arabischen Welt. Arabische Diplomaten versuchten nun an dieser Konferenz auch Zusicherungen von der Türkei abzuringen.»

Iran und Russland als Verlierer: Die Verlierer des Umsturzes sind die Unterstützer des Assad Regimes: der Iran und Russland. Bei der Konferenz in Akaba waren sie nicht mit dabei. «Es ist immer etwas problematisch, wenn Verliererparteien nicht in Fragen des ‹Wie weiter?› in einem Land mit einbezogen werden. Der Iran ist sicherlich geschwächt, hat im Libanon die Hisbollah verloren. Aber der Iran hat immer noch sehr starke Milizen im Irak, und der iranische Führer Ali Khamenei ist keineswegs gewillt, seinen Einfluss in Syrien jetzt einfach so aufzugeben» , sagt Nahost-Korrespondent Thomas Gutersohn. Wenn das diplomatisch nicht möglich ist, könnte er diese Milizen einsetzen. «So weit ist man noch nicht. Aber es ist sicherlich kein gutes Signal, wenn Verliererparteien nicht am Verhandlungstisch sitzen.»

Die Angst der arabischen Staaten

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Dass die Rebellen in Syrien gesiegt haben, ist eine sehr späte Konsequenz des Arabischen Frühlings. Damals haben diese politische Umwälzungsprozesse begonnen in der Region, und das weckt bei den Führern hier keine guten Erinnerungen. «Man fürchtet sich jetzt in Jordanien, im Irak, aber auch in Ägypten, dass dieser revolutionäre Moment in Syrien vielleicht auch auf ihre Länder überschwappen könnte, das allenfalls die Muslimbruderschaft wieder Aufwind erhält.» So hat sich auch ein Vertreter der Arabischen Emirate gegenüber der Nachrichtenagentur AFP besorgt geäussert.

Die Zukunft Syriens : In Syrien zeigen sich die Islamisten offen, gemässigt. Sie wollen alle Volksgruppen integrieren. «Das ist ja eigentlich die bestmöglichste Ausgangslage für eine friedliche Transition. Doch liegt das Schicksal Syriens nicht eben nur in den Händen dieser neuen Regierung. Syrien war immer schon mindestens so stark vom Ausland beeinflusst», sagt Nahost-Korrespondent Thomas Gutersohn. Da spielen die Interessen der Staaten wie der Türkei, Saudi Arabien, der Golfstaaten und eben auch Irans eine wesentliche Rolle in der Frage um die Zukunft Syriens.

Echo der Zeit, 14.12.2024, 18 Uhr ; 

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