Im Vorfeld der Klimakonferenz in Ägypten haben Gelehrte und Muftis aus 90 Ländern eine Fatwa erlassen. Mit einer Reihe religiöser Erlasse wollen sie den Kampf gegen den Klimawandel vorantreiben. Was dieser «grüne Islam» beabsichtigt und was er erreichen kann, weiss Professor Amir Dziri von der Universität Freiburg.
SRF News: Was steht in dieser Fatwa der islamischen Autoritäten zu mehr Umweltschutz?
Amir Dziri: Noch ist die Fatwa nicht veröffentlicht. Bekannt ist immerhin, dass die Pflanzenwelt besser geschützt, die illegale Müllentsorgung bekämpft und die Luftqualität verbessert werden sollen. Ausserdem soll eine neue App das Umweltbewusstsein der Muslime stärken.
Die Fatwa soll das Bewusstsein für die Umwelt in den religiösen Gemeinden stärken.
Es geht also um relativ allgemeine Empfehlungen, die vor allem das Bewusstsein für die Umwelt in den religiösen Gemeinden stärken sollen.
Gibt es Suren im Koran, die auf einen sorgsamen Umgang mit der Umwelt verweisen?
Der Koran spielt eine wichtige Rolle für die allgemeine ethische Orientierung in der muslimischen Gesellschaft. Es gibt dort einige Stellen, an denen vom respektvollen Umgang mit den Pflanzen und den Tieren gesprochen wird.
Umweltbildung und -bewusstsein muss über den Koran hinausgehen.
Es wird auch explizit darauf hingewiesen, dass das Verhalten des Menschen Schaden in der Umwelt anrichten kann. Man braucht aber auch die Interpretation des Korans. Er ist also eine wichtige Referenz und Orientierung, doch Umweltbildung und -bewusstsein müssen deshalb darüber hinausgehen.
Wie stark werden Fatwas in der islamischen Gesellschaft im Normalfall befolgt?
Fatwas sind Empfehlungen, die nicht die gleiche Wirkung wie Gesetze haben. Auch gibt es keine Sanktionen bei Nichtbefolgen der Fatwa. Es sind eher ethische Richtungsvorgaben. Trotzdem können Fatwas eine starke Wirkung haben, indem muslimische Gemeinden etwa konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Umweltschutzes verfassen können, die dann auch verbreitet werden.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.