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Atomkraft fürs Klima?
Aus Rendez-vous vom 22.11.2024. Bild: Reuters/Shannon Stapleton
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Klimakonferenz in Baku Die AKW-Frage spaltet die Klimaschützer-Szene

Über zwei Dutzend Länder wollen neue AKWs bauen. Manche Klimaschützerinnen finden das gut. Andere gar nicht. Ein Augenschein an der Klimakonferenz in Baku.

Im Länderpavillon Kanadas an der Klimakonferenz diskutieren auf dem Podium Vertreterinnen aus Industrie und Wissenschaftler über die Vorteile der Atomkraft und ihren Wert im Kampf gegen den Klimawandel.

Es harzt mit Fortschritten in Baku

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Eigentlich hätte die Abschlusserklärung der COP29 in Baku heute Freitag vorliegen sollen – doch es gibt Verzögerungen. Grösster Streitpunkt ist weiterhin die von den ärmeren Ländern geforderte jährliche Unterstützung für eine nachhaltige Energieentwicklung und das Beheben von Schäden infolge des Klimawandels in Höhe von bis zu 1.3 Billionen Dollar. Es ist umstritten, wer diese Riesensumme bereitstellen soll: Die westlichen Industrieländer verlangen, dass auch industrielle Schwellenländer wie China oder Saudi-Arabien einzahlen. Doch diese Länder argumentieren, dass historisch gesehen die westlichen Länder viel mehr CO₂ ausgestossen hätten als sie. Also sollten es jetzt auch die reichen Länder sein, die alles bezahlen. Der neuste Abschlussentwurf nennt nun eine jährliche Summe von 250 Milliarden Dollar, die bis 2035 jährlich von den Industriestaaten bezahlt werden soll. «Gesamtziel» blieben aber 1.3 Milliarden Dollar, so der Entwurf, über den nun in Baku weiterdiskutiert wird.

Falls keine Einigung zustande kommt, wäre das ein herber Rückschlag für den weltweiten Klimaschutz. Zugleich wäre es ein Problem für den Mechanismus des Pariser Abkommens. Denn 2015 hatten die Länder festgelegt, dass sie 2024 ein neues Klimafinanzierungsziel definieren. Wenn das nun verschoben wird, dann sägt das weiter am Vertrauen in diesen Prozess. Am wahrscheinlichsten ist deshalb, dass viele Länder schliesslich auch einem Vorschlag zustimmen werden, der keine wirklichen Fortschritte bringt. Rückschritte allerdings – wie sie beispielsweise Saudi-Arabien fordert – sind eine rote Linie, sowohl etwa für die EU, aber auch für die Schweiz. (Klaus Ammann, Baku)

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Das Ringen um eine Einigung
aus Rendez-vous vom 22.11.2024. Bild: Reuters/Murad Sezer
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Organisiert worden ist der Anlass von «Nuclear for Climate», einer Nicht­re­gierungs­organisation (NGO). Ihre vielen jungen Mitglieder in den blauen T-Shirts sind in den letzten Jahren an den Klimakonferenzen immer sichtbarer geworden.

Praktisch emissionsfreie Technologie

Sophie aus Grossbritannien studiert Strahlendetektoren, Lake aus den USA schreibt zu internationalen Themen und Gunjan aus Indien arbeitet als Nuklear­sicherheits­ingenieurin. Was diese jungen Leute vereint, ist der Wille, möglichst vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Vorteile der Kernenergie näherzubringen – beziehungsweise, die Argumente dagegen zu entkräften.

Sophie, Lake und Gunjan in blauen T-Shirs bei einer Veranstaltung in einem Messezelt.
Legende: Sophie, Lake und Gunjan setzen sich für die Kernenergie ein – weil sie vergleichsweise wenig Klimagase verursache. SRF/Klaus Ammann

«Kernenergie ist eine praktisch emissionsfreie Technologie, die sich über viele Jahre bewährt hat», betont Sophie. Doch wie stehen sie zur weitverbreiteten Angst vor schweren Unfällen wie jenen in Tschernobyl und Fukushima? Gunjal verweist darauf, dass die Sicherheit der Reaktoren viel besser geworden sei.

Und Lake ist sich bewusst, dass viele in der Klimabewegung die Kernenergie trotzdem kritisch sehen. Doch die Hauptsache sei, dass man mit der anderen Seite darüber spreche.

Zu gefährlich, zu teuer, zu spät

Dort, auf der anderen Seite, steht das globale «Climate Action Network»: der Verbund von 1900 NGOs aus 130 Ländern, die sich für Klimaschutz einsetzen und die von der Kernenergie als Lösung für die Klimakrise nichts wissen wollen.

Timothy Judson steht vor einer Gruppe Aktivisten, die Transparente mit der Aufschrift «Don't nuke the Climate» – «Atomisiert das Klima nicht!» – halten. Sie singen südafrikanische Lieder für Freiheit und gegen Kernenergie.

Menschen halten Anti-Atomkraft-Banner.
Legende: Aktivisten des «Climate Action Networks» protestieren in Baku gegen neue AKWs. SRF/Klaus Ammann

Sie seien extrem besorgt, weil rund 30 Länder die Kernenergie weltweit bis 2050 verdreifachen und dafür Klimagelder verwenden wollten. Aber die Kernkraft komme zu spät, sie sei viel zu riskant und zu teuer.

Die Kernenergie hat bisher keine Fortschritte gebracht zur Reduktion der Treibhausgase.
Autor: Timothy Judson Klimaaktivist, engagiert sich gegen neue AKW

Dass auch der Weltklimarat in einigen seiner Szenarien zur Erreichung der Klimaziele von Paris teilweise auf Kernenergie setzt, stimme zwar, räumt Judson ein. «Doch die Kernenergie hat bisher keine Fortschritte gebracht zur Reduktion der Treibhausgase.» Bei der neuen, weltweiten AKW-Offensive gehe es nicht ums Klima – «sondern um Geopolitik und Prestige.»

Es gebe nur wenige Klimaaktivisten, die das anders sehen, meint Timothy, und die seien von der Nuklearindustrie gekauft.

Die Meinungen zur Kernenergie könnten unterschiedlicher kaum sein. Unter Klimaaktivistinnen sind die Gegnerinnen und Gegner klar in der Überzahl. Doch in der Politik scheinen AKWs weltweit – und übrigens auch in der Schweiz – 13 Jahre nach Fukushima wieder an Boden zu gewinnen.

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Archiv: 1.5 Grad gescheitert – Brauchen wir ein neues Klimaziel?
Aus nano vom 12.11.2024.
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Rendez-vous, 22.11.2024, 12:30 Uhr

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