- Weltweit wurden 2023 fünf Atomkraftwerke in Betrieb genommen – fünf wurden derweil abgeschaltet.
- Dies zeigt der Bericht World Nuclear Industry Status Report zum Stand der weltweiten Nuklearenergie.
- Die Kapazität ist demnach weltweit sogar insgesamt leicht zurückgegangen.
- Die Branche selbst zeigt sich optimistisch.
In vielen Ländern weltweit werden aktuell Pläne für neue Atomkraftwerke geschmiedet. Osteuropäische Länder wollen so ihre Kohlekraftwerke ersetzen. Mehrere afrikanische und asiatische Länder hoffen darauf, ihre Energieversorgung dank AKW zu verbessern. Und auch in der Schweiz will der Bundesrat das Neubau-Verbot wieder aus dem Gesetz streichen.
Ein neuer Bericht zum Stand der weltweiten Nuklearindustrie, der sich kritisch mit der Branche auseinandersetzt, kommt nun aber zum Schluss, dass zwischen diesen Ankündigungen und Taten eine grosse Lücke klafft. Konkret seien im letzten Jahr weltweit fünf neue Atomkraftwerke in Betrieb gegangen, fünf andere seien hingegen abgeschaltet worden, heisst es im diesjährigen World Nuclear Industry Status Report.
Von 16 AKWs gingen 2022 nur sieben planmässig in Betrieb
Es sei kurios, dass man im Terrain nichts von den Ideen zur Projektierung und zum Bau neuer Atomkraftwerke wiederfinde, sagt der Atom- und Energiepolitik-Analyst Mycle Schneider. Er ist Herausgeber des jährlichen Berichts. «2022 waren insgesamt 16 Atomkraftwerke am 1. Januar 2022 für die Betriebsaufnahme im Laufe des Jahres vorgesehen. In der Realität sind es sieben gewesen.» Ähnliches gilt laut Schneider auch für 2023.
Die Branche selbst bestätigt die Zahlen des Berichts, interpretiert sie aber anders. «Im vergangenen Jahr haben wir eine noch nie dagewesene Anzahl an Bekenntnissen und konkreten Absichtserklärungen von vielen Ländern gesehen, die den Ausbau der Kernenergie vorantreiben wollen», sagt Stefan Diepenbrock, Kommunikationsverantwortlicher beim Nuklearforum Schweiz. Der Verein macht sich für eine friedliche Nutzung der Kernkraft stark.
Verzögerungen gebe es vor allem in Europa
Er sei fest davon überzeugt, dass auf die Absichtserklärung auch konkrete Baustarts folgen werden, sagt Diepenbrock. Die im Bericht erwähnten Verzögerungen gebe es vor allem in Europa, die Gründe dafür seien mannigfaltig, betont er. So könnten sich etwa regulatorische Anforderungen während des Baus ändern.
«Ein weiterer Punkt ist sicherlich der Mangel an Erfahrung, da in vielen Ländern seit Jahrzehnten keine neuen Kernkraftwerke gebaut wurden.» Dies werde sich aber in den kommenden Jahren ändern, sei er überzeugt, so Diepenbrock.
Das Revival der Atomenergie findet derzeit also vor allem in den Köpfen statt. Ob es sich bald auch in realen Kraftwerken konkretisiert, bleibt abzuwarten.