Darum geht es: Im Internet kursieren streng vertrauliche Daten israelischer Soldatinnen und Soldaten – Namen, Wohnadressen, Geburtsdaten, ID-Nummern, Kontodaten und noch viel mehr sind dabei in einzelnen Dossiers zusammengefasst. Das zeigt eine Recherche mehrerer Medien, darunter das ZDF, die Hunderte Dossiers gesichtet haben. Die Daten sind wohl auch im Besitz der palästinensischen Terrorgruppe Hamas – und das mitten im Gaza-Krieg. Laut israelischen Cyber-Experten wurden die Daten seit Dezember 2023 durch mehrere Hackergruppen im Internet verbreitet.
In den geleakten Daten werden insgesamt mehr als 210'000 Personen erwähnt.
Zehntausende Betroffene: Die Journalistinnen und Journalisten haben die mehr als 2000 Dossiers von betroffenen Militärangehörigen ausgewertet. Demnach stehen alle Dossiers im Zusammenhang mit der israelischen Luftwaffe. Unter den Betroffenen sind einfache Soldaten, aber auch hochrangige Kommandanten oder Piloten. Manche Dossiers seien mehr als 200 Seiten lang, sagt die Investigativjournalistin Maria Retter, die bei der Recherche mitgeholfen hat. «Weil alle Personen aus dem Umfeld eines Betroffenen aufgelistet sind, werden in den geleakten Daten insgesamt mehr als 210'000 Personen erwähnt.»
Von Hackern erbeutet: Die als pdf-Files angelegten Dossiers sind inzwischen auf mehreren Webseiten zu finden. Laut manchen Anbietern der Daten stammen diese aus Datenlecks der israelischen Armee, andere preisen sie als «Rache für die Mörder der Kinder von Gaza» an. Die Daten zuerst in Umlauf gebracht haben will ein Hacker-Kollektiv aus Indonesien. «Die gehackten Daten wurden dann offenbar angereichert mit öffentlich zugänglichen Daten – etwa aus Social-Media-Accounts», so Journalistin Retter. Man habe festgestellt, dass die meisten der Daten echt seien, dass zum Beispiel die angegebene Telefonnummer der Eltern stimme.
Gefahr für Soldaten: Laut dem israelischen Cyber-Experten Gabi Siboni gefährdet das Leak die betroffenen Soldaten. Diese seien damit möglicherweise erpressbar, lässt er sich in der «Zeit» zitieren, die an der Recherche ebenfalls beteiligt war. Die Hamas könnte etwa versuchen, «Soldaten als Quellen anzuwerben, die ihnen Aufschluss über die Planung der Armee geben», so Siboni. Deshalb sei die Hamas «süchtig nach solchen Daten». Auch könnten Betroffene womöglich Probleme bekommen bei Reisen ins Ausland – wegen der diversen internationalen Ermittlungen gegen Israel im Zusammenhang mit dem Krieg im Gazastreifen.
Israel beschwichtigt: «In israelischen Sicherheitskreisen gibt man sich betont entspannt – das Leak stelle keine grosse Gefahr dar, heisst es», sagt Maria Retter. Und die Armee stelle sich auf den Standpunkt, dass bei dem Leak ja keine geheimen Militärdaten aufgedeckt worden seien. Doch für die Investigativjournalistin ist klar: Ein solcher Datensatz könne in den falschen Händen missbraucht werden: Vorstellbar seien etwa Drohanrufe, oder dass Angehörige von Soldatinnen und Soldaten in Angst und Schrecken versetzt würden – etwa durch falsche Anrufe, ihre Liebsten seien im Krieg gefallen.