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Männermob bei Freilassung Die Hamas pflegt ihr Image als extremistische Miliz

Gestern Abend hat die radikal-islamistische Hamas die ersten drei Geiseln freigelassen. Nach 471 Tagen in Geiselhaft war selbst die Freilassung der drei jungen Frauen eine Tortur. Wie die Hamas diese Freilassung inszenierte.

Es gibt Bilder, welche sich einem ins Gehirn einbrennen. Ein solches ging gestern um die Welt.

Kämpfer mit Waffen, Hamas-Stirnband, Sonnenbrillen und Gesichtsvermummung überwachen die Freilassung der drei Frauen
Legende: Martialisches Gebaren von Hamas-Kämpfern bei der Freilassung von drei Geiseln. Keystone/ABED HAJJAR

Ein Mob von Parolen skandierenden Männern umzingelt einen Autokonvoi. Auf den Autos und um sie herum stehen maskierte, bewaffnete Hamas-Kämpfer. In den Wagen erhascht man einen Blick der jungen Frauen, die, lange Minuten später, aussteigen und sich einen Weg durch die Männer bahnen, um in ein Fahrzeug vom Roten Kreuz zu steigen. Es sind die Bilder, welche der katarische Fernsehsender Al Jazeera zeigte, und welche auf israelischen und internationalen Sendern gleichzeitig übertragen wurden.

Gutgenährte Kämpfer in sauberen Uniformen

Man versetze sich in die Lage dieser drei jungen Frauen: 471 Tage lang waren sie in Geiselhaft, nachdem sie brutal entführt worden waren. Wer weiss, was sie in dieser Zeit durchgemacht haben. Das Machogehabe der bewaffneten Männer, die nach 15 Monaten Krieg erstaunlich gut genährt aussehen in ihren sauberen Uniformen, lässt Schlimmstes erahnen.

Die Fernsehkamera bleibt nahe auf den Bewaffneten in Siegespose und ihren jubelnden Anhängern, und so nahe wie möglich auf den Gesichtern der jungen Frauen. Man atmet auf, als die Frauen endlich vom Roten Kreuz davongefahren werden.

Bewaffnete Kämpfer, die ein Auto bedrohlich umzingeln.
Legende: Geiselfreilassung als Siegesparade: Die Hamas will als unbesiegbar angesehen werden. Keystone/Abed Hajjar

Geiseln zu nehmen und sie dann noch so zu exponieren, ist unmenschlich. Dieses Bild wird Israel als Rechtfertigung zur Fortsetzung seines Krieges gegen die Hamas benutzen. Weil es zeigt, wie menschenverachtend diese Extremisten sind. Und wie manipulativ.

Ein angsteinflössendes Theater

Im Gazastreifen posteten Palästinenserinnen und Palästinenser ein ganz anderes Bild: Es zeigt die Szene von der Luft aus aufgenommen. In diesem Bild ist der Männermob viel kleiner, als er am Fernsehen wirkt – er verschwindet fast in der apokalyptischen Zerstörung des Gazastreifens um ihn herum. Was die Kameras von Al Jazeera zeigten oder zeigen mussten, wirkt inszeniert.

Der Hamas-Kritiker Ahmed Fouad Alkhatib schreibt auf X: Die Manipulation des Bildausschnitts zeige, wie die Hamas Jugendliche und junge Männer auch dafür bezahlen werde, jede Geiselbefreiung als Siegesparade zu inszenieren und die Unterstützung für die Hamas grösser erscheinen zu lassen, als sie in Wirklichkeit ist.

In Erinnerung bleiben wird jedoch das Bild des Männermobs, der die drei jungen Geiseln bedrohlich umzingelt. Damit hat die Hamas den jungen Frauen und ihren Angehörigen weitere Gewalt angetan. Und sie schadet damit der gesamten palästinensischen Bevölkerung, die im Gazastreifen ohnehin vor dem Nichts steht.

Rendez-vous, 20.02.2025, 12:30 Uhr;stal

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