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Migrationsfrage in Italien Meloni will an Asylzentren in Albanien festhalten

2024 kamen viel weniger Asylsuchende nach Italien als im Vorjahr. Trotzdem hält Italiens Ministerpräsidentin an den Zentren ennet der Adria fest.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 2023 kamen 158’000 Asylsuchende über das Mittelmeer nach Italien, in diesem Jahr waren es noch 65'000 – also nicht einmal halb so viele wie im Vorjahr.

Der wichtigste Grund dafür ist schnell erklärt. Diverse Länder in Afrika halten Flüchtlinge und Migranten vermehrt zurück. Vor allem Tunesien hindert Fluchtwillige daran, Richtung Italien aufzubrechen.

Italiens Regierung und die EU honorieren dies, indem sie Tunesien finanziell unter die Arme greifen. Dabei weisen Menschen­rechts­organi­sati­onen immer wieder darauf hin, dass Flüchtlinge und Migranten in fast allen Ländern auf ihrer langen Fluchtroute zum Teil schwersten Misshandlungen ausgesetzt sind.

Meloni hält an Plan B fest

Das aber ist in Italien kaum ein Thema. Premierministerin Giorgia Meloni verweist darauf, dass ihre Regierung das Migrationsproblem in den Griff bekommen habe. Und falls sich das Problem wieder vergrössere, habe sie den Plan B in der Tasche – die Auffangzentren in Albanien. Dorthin sollen Asylbewerber aus Italien, um auf den Entscheid ihres Asylgesuchs zu warten.

Ich werde eher jede Nacht durcharbeiten, als auf die beiden Asylzentren in Albanien zu verzichten.
Autor: Giorgia Meloni Ministerpräsidentin von Italien

Doch bei diesen Lagern stellt sich die italienische Justiz quer . Die Richter pochen auf reguläre Asylverfahren in Italien. Trotzdem versprach Meloni vor einigen Tagen, dass die Lager in Albanien funktionieren würden: «Ich werde eher jede Nacht durcharbeiten, als auf die beiden Asylzentren in Albanien zu verzichten», sagte sie.

Bereits hat die Regierung ein Schiff in Alarmbereitschaft versetzen lassen, um im Mittelmeer gerettete Asylsuchende statt nach Italien direkt nach Albanien zu bringen. Das könnte schon in wenigen Tagen der Fall sein. Dann wird das Tauziehen mit den Richterinnen und Richtern erneut losgehen.

Warten auf EU-Gerichtshof

Eigentlich wartet man darauf, dass der Europäische Gerichtshof als letzte Instanz entscheidet, ob italienische Asylverfahren in Albanien rechtens sind oder nicht. Doch das dauert. Und so lange mag Meloni nicht zuwarten.

Und auch Vizepremier Matteo Salvini könnte sich dem Thema bald wieder intensiver zuwenden. Er wurde kurz vor Weihnachten von einem Gericht in Palermo vom Vorwurf freigesprochen , Migranten ihrer Freiheit beraubt zu haben, weil er sie als Innenminister tagelang auf hoher See hatte ausharren lassen.

Dieser Gerichtsprozess hatte es Salvini verunmöglicht, erneut Innenminister zu werden. Gerüchte, dass der rechtspopulistische Lega-Politiker dieses Amt nach dem Freispruch nun erneut anstrebe, dementiert er nicht.

Keine Frage: Die Migration bleibt in Italien ein heisses Thema – selbst wenn die Zahlen derzeit stark rückläufig sind.            

Rendez-vous, 30.12.2024, 12:30 Uhr

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