Zwischen Taiwan und China herrscht Eiszeit. Neuster Höhepunkt: Heute wurde bekannt, dass Taiwan von ihren Verbündeten, den USA, Raketen und andere Waffensysteme gekauft haben. Zum zweiten Mal innert kürzester Zeit.
Mit der Aufrüstung zeigt Taiwan Verteidigungsbereitschaft. Es reagiert damit auf die zunehmende Bedrohung durch China und demonstriert, gegen allfällige Angriffe gewappnet zu sein. Denn China hat seine Militärpräsenz in der Meerenge seit Jahren schrittweise erhöht. Chinesische Militärjets dringen immer weiter in die Luftraumüberwachungszone Taiwans vor.
Psychologische Kriegsführung
Jüngst inszenierte die Volksrepublik auf dem der Insel gegenüberliegenden Festland Militärübungen und verbreitete die Bilder via Staatsfernsehen. Das sieht nach gegenseitiger Abschreckung als Mittel der psychologischen Kriegsführung aus.
Die Volksrepublik China betrachtet die demokratisch regierte Insel als abtrünnige Provinz ihres Staatsgebietes, als enteignetes Staatsgebiet, das es irgendwann zurückzuholen gilt.
«Schlussendlich geht es China um Taiwan»
Die kommunistische Partei Chinas habe das erklärte Ziel, auf diese Weise die territoriale Integrität Chinas wiederherzustellen, sagt Simona Grano, Leiterin des Taiwan Studies Project in Zürich: «Taiwan ist ein grosses Stück, das noch fehlt. Hongkong ist jetzt wieder nachhause gekommen, Xinjiang ( Chinesische autonome Region, mehrheitlich von Uiguren bewohnt ) und Tibet sind besetzt und sind unter der Führung der Partei – Taiwan noch nicht. Die Formel ‹one-country-two-systems› wurde an Hongkong getestet aber schliesslich ging es um Taiwan.» Geht es nach Peking, soll Taiwan früher oder später ebenfalls Teil der Volksrepublik sein – genauso wie Hongkong.
Taiwan hingegen sieht sich als unabhängiges Land, das seine Autonomie notfalls auch militärisch verteidigen will. Die völkerrechtliche Stellung es Eilandes ist jedoch umstritten. Taiwan ist von den Vereinten Nationen ausgeschlossen, kaum ein Land anerkennt Taiwan offiziell – so auch die Schweiz nicht.
Chinesische Drohgebärden nehmen zu
Die Machtdemonstrationen Chinas seien in diesem Jahr besonders deutlich, bestätigt David Huang, Diplomat und Schatten-Botschafter Taiwans in der Schweiz: «Dies ist nicht das erste und leider auch nicht das letzte Mal, dass China Taiwan bedroht. Im Moment sind rund 1500 Kurz- und Mittelstreckenraketen auf Taiwan gerichtet. Das Spezielle an der jetzigen Situation ist aber, dass nun immer häufiger auch Kriegsschiffe und Flieger in unser Hoheitsgebiet eindringen.»
Chinas Drohgebärden hinterlassen auch Spuren bei der Bevölkerung Taipehs. Dass die Bevölkerung Taiwans Angst vor einer Invasion Chinas hat, glaubt auch Simona Grano: «Schon die Tatsache, dass der Westen über eine mögliche Invasion spricht, bedeutet für Taiwan, dass etwas passieren könnte.»
Der grosse Teil von Taiwans Bevölkerung will jedoch unabhängig sein. Chinas Staatschef Xi Jinping dagegen hat den Anschluss Taiwans zu einem zentralen Bestandteil des sogenannten «Chinesischen Traums» gemacht. 2019 erklärte er unmissverständlich, auf dem Weg zum Wiedererstarken des chinesischen Volkes dürften die taiwanesischen Landsleute auf keinen Fall fehlen.