Das ist passiert: Nach heftigem Regen hatten sich am Wochenende riesige Mengen Abfall von einem Hügel in Kampalas Vorort Kiteezi gelöst und anliegende Häuser verschüttet. «Wir haben 22 Leichen geborgen und viele weitere liegen unter den Trümmern», sagte Polizeisprecher Patrick Onyango der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Auch das ugandische Rote Kreuz geht davon aus, dass die Opferzahl weiter ansteigen wird. «Die Chancen, noch Überlebende zu finden, gehen gegen null», sagte Sprecherin Irene Nakasiita. Die Bergungsarbeiten laufen indes weiter.
Abfallproblem in Uganda: Die Stadtverwaltung von Kampala klagt seit Jahren über zu geringe Mittel für die Entsorgung von Abfall in der Stadt mit geschätzt zwei Millionen Einwohnern. 1300 Tonnen Abfall produziert die Stadt jeden Tag. Die Müllkippe in Kiteezi, etwa elf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, ist den Angaben zufolge die einzige Deponie der Stadt.
Es stinkt unheimlich.
Ein riesiger Abfallberg: Simone Schlindwein ist freie Journalistin in Uganda und kennt die Problematik. «Ich war selbst 2008 einmal zu Besuch. Von oben sieht man, dass der Abfall in eine Mulde zwischen drei Hügeln gekippt wurde. Die Müllhalde war damals noch sehr weit von der Stadt entfernt. Mittlerweile ist es so, dass der Müllberg grösser ist als die Hügel drumherum.» Rund um den Berg seien sehr viele Armenviertel unkontrolliert gebaut worden.
Keine Mülltrennung: «Es stinkt unheimlich. Ich habe mir damals eine Lungenentzündung zugezogen, weil der Berg viele giftige Dämpfe absondert», sagt Schlindwein gegenüber SRF. Von der Bananenschale bis zur Batterie eines Autos werde da alles abgeladen. «Kinder sortieren Plastikflaschen oder Metalle, die man noch mal verwerten kann.» Es sei ein Gemisch von extrem vielen giftigen Stoffen, die Boden und Grundwasser im grossen Stil verseuchten.
Problem besteht seit Jahren: Medien berichten, Anwohner beschwerten sich schon lange über Gesundheitsgefahren und Verschmutzung wegen des Müllbergs. Schlindwein bestätigt: «Diese Müllhalde ist vor Jahren für voll erklärt worden. Aber die Regierung und die Stadtverwaltung haben nicht reagiert, irgendein Lösungskonzept zu implementieren.»
Kein Alternativplan: Man hat laut der Journalistin versucht, eine Müllanlage oder neue Deponie zu gründen. Sämtliche Bezirksverwaltungen plus die Anwohner von potenziellen Gebieten hätten sich aber geweigert, dass das in ihrer Gegend passiert. Insofern habe es bislang keinen finalen Beschluss gegeben, an der Situation etwas zu ändern.
Präsident hat Untersuchung angeordnet: Staatspräsident Yoweri Museveni hat, statt davon zu sprechen, warum man das Problem so lange nicht angegangen hat, die anwohnenden Menschen beschuldigt. Dort dürfe man nicht wohnen, sagte er. Weiter versucht er, mit Kompensationen die Angehörigen finanziell zu entschädigen, dass es nicht zu Aufständen kommt, wie Schlindwein sagt. Denn auch in anderen Teilen Ugandas führe mangelnde Müllentsorgung dazu, dass Menschen ertrinken, weil Abflussrohre verstopft sind und der Regen ganze Strassen wegspült.
Regenzeit steht bevor: Uganda hat meistens im September die stärksten Regenfälle im ganzen Jahr, die zum Teil tagelang anhalten. So könnte es zu weiteren Erdrutschen kommen, sagt Schlindwein. «Das ist wahrscheinlich jetzt der erste Erdrutsch von vielen.» Und das Müllproblem werde sich noch steigern, weil die einzige Müllhalde Ugandas aktuell nicht nutzbar ist. «Es kann der Anfang von einer grösseren Katastrophe sein, die jetzt auf uns zukommen wird.»