Israel hat im Gazastreifen erneut eine Bodenoffensive gestartet. In Israel ertönten derweil Sirenen, als die Huthi in Jemen Raketen auf Israel abfeuerten. Und in Jerusalem kam es bei Demonstrationen gegen Premier Netanjahu zu Zusammenstössen mit der Polizei. SRF-Auslandredaktorin Susanne Brunner erklärt die neuste Entwicklung.
Was ist das Ziel der neuen israelischen Bodenoffensive?
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz sagt, die Armee wolle eine begrenzte Pufferzone zwischen dem Norden und dem Süden des Gazastreifens schaffen. Diese Pufferzone – den sogenannten Netzarim-Korridor – betrachtet Israel als strategisch äusserst wichtig im Kampf gegen die Hamas. Die Regierung betont auch, dass die Hamas militärisch so stark unter Druck gesetzt werden solle, bis sie die verbliebenen Geiseln freilasse. 59 Geiseln befinden sich noch im Gazastreifen. Davon sollen noch 24 am Leben sein.
Wie ist Lage der Menschen im Gazastreifen?
Seit dem 2. März lässt Israel keine Hilfsgüter mehr in den Gazastreifen. Das heisst: Lebensmittel waren schon vor der Wiederaufnahme des Krieges sehr knapp. Es gibt kaum mehr sauberes Trinkwasser, weil der Treibstoff für die Wasserpumpen fehlt. Die meisten Spitäler sind zerstört worden, und die Menschen leben eh mehrheitlich in Ruinen, Zelten oder draussen.
Was wissen Sie über den Raketenbeschuss Israels durch die Huthi aus dem Jemen?
Den Huthi-Rebellen im Jemen ist es offenbar – trotz amerikanischer Bombardierung – gelungen, Israel zu beschiessen. Die israelische Luftabwehr hat nach eigenen Angaben eine Rakete abgefangen. Während der Waffenruhe in den letzten zwei Monaten kam es in Israel kaum mehr zu Sirenenalarm, doch letzte Nacht mussten die Menschen in Zentralisrael und in Jerusalem wieder in Luftschutzräumen und Treppenhäuser Zuflucht suchen. Der Krieg ist auch in Israel wieder spürbar.
Wie kommt es, dass sich gestern an einer Demonstration zehntausende Israeli für den Chef des Geheimdienstes Shin Bet einsetzten?
Die Demonstrantinnen und Demonstranten fürchten sich davor, dass Premier Netanjahu und seine Regierung die demokratischen Institutionen aushebeln wollen. Es mag für unsere Ohren seltsam klingen, wenn wir hören, dass Leute für einen Geheimdienstchef auf die Strasse gehen. Aber Inlandsgeheimdienstchef Shin-Bet-Chef Ronen Bar hat selbst gesagt, er sei nicht Netanjahus Geheimdienstchef, sondern der Geheimdienstchef im Dienst des Landes. Die oberste Staatsanwältin hat Netanjahu darauf hingewiesen, dass er gar nicht die Kompetenz habe, den Inlandsgeheimdienstchef zu entlassen, zumal ein Interessenskonflikt bestehe. Denn der Geheimdienst ermittelt gegen Mitarbeiter Netanjahus, weil sie von Katar Geld bekommen haben sollen – ausgerechnet von dem Staat, der die Hamas finanziert. Premier Netanjahu findet jedoch, dass die Oberstaatsanwältin ihre Kompetenzen überschreite und er den Geheimdienstchef entlassen dürfe. Die Oberstaatsanwältin selbst will er allerdings schon lange loswerden, weil Netanjahu selbst wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht steht.
Gelingt es, mit militärischem Druck die Befreiung der Geiseln zu erzwingen?
Die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die meisten Geiseln jeweils freigekommen sind, wenn es eine Waffenruhe gab. Die Wahrscheinlichkeit, dass die noch lebenden Geiseln nicht überleben, wenn Israel seine Angriffe auf den Gazastreifen fortsetzt, ist enorm hoch.