So ein 1500 PS starker Leopard-2-Panzer macht einen ganz schönen Lärm, wenn der Motor angeworfen wird. Und vielleicht hört man ihn auch in Belarus, denn vom Truppenübungsplatz Pabradė sind es nur gerade sieben Kilometer Luftlinie bis zur Grenze.
Dort hört man ganz bestimmt mit, denn die sogenannte «Battle Group» der Nato unter Führung der Bundeswehr in Litauen ist immer wieder Cyberangriffen ausgesetzt. Das bestätigt der deutsche Kommandeur, Oberstleutnant Marek Krüger.
Dem Hörensagen nach empfangen die Nato-Soldaten manchmal russische Musik über Funk. Und an diesem Tag funktioniert das Internet nicht. Ob das der Geografie oder dem Nachbarn geschuldet ist? Marek Krüger will sich dazu nicht äussern.
« Wir haben das Modernste der Bundeswehr»
1400 Soldatinnen und Soldaten aus sechs Nato-Staaten sind in Litauen stationiert: Deutsche Panzer, tschechische Artillerie, Aufklärungseinheiten aus Belgien, je eine Kampfkompanie aus den Niederlanden und Norwegen und weitere Truppen aus Luxemburg bilden diese Battle Group. Dazu kommen auch noch rund tausend GIs aus den USA.
Was auffällt, ist das Selbstbewusstsein in der Bundeswehr. «Wir haben das Modernste, was die Bundeswehr zu bieten hat», sagt Oberstleutnant Krüger. Das ist nicht selbstverständlich. Jahrelang machten Berichte die Runde, wonach die Bundeswehr das Material buchstäblich aus allen Einheiten zusammenklauben musste, um Auslandseinsätze zu ermöglichen. Es fehlte an einsatzbereiten Waffen, Schuhen und Nachtsichtgeräten.
Litauen stuft Gefahr als hoch ein
Die Nato ist mit je einer Battle Group in Estland, Lettland, Litauen und Polen präsent. In den nächsten drei Jahren soll sogar eine komplette deutsche Kampfbrigade dauerhaft mit Familien und Kindern in Litauen stationiert werden – erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Nato meint es jetzt ernst. Doch nach der Annexion der Krim 2014 war nicht klar gewesen, ob sie einen Krieg mit Russland für die kleinen drei baltischen Staaten riskieren würde.
Nato-Truppen bei Übungen
Wird das alles Russland beeindrucken? «Ja», sagt der Journalist Alexandras Matonis, der seit über zwei Jahrzehnten die militärstrategische Lage des Baltikums analysiert und die meisten Manöver verfolgt. Denn Russland habe rund 80 Prozent seiner Truppen von der finnisch-russischen Grenze und aus Kaliningrad für den Krieg in der Ukraine abgezogen. Trotzdem stuft der litauische Verteidigungsminister Laurynas Kasciunas die Gefahr noch immer als hoch ein.
Hybrider Krieg bereits im Gang
Warum? Weil Russland auf Kriegswirtschaft umgestellt habe und weit mehr Kriegsmaterial und Munition produziere, als es in der Ukraine verbrauche. Russische Cyberangriffe sind Alltag im Baltikum. Migranten wurden per Flugzeug aus aller Welt an den Grenzen zu Polen und Litauen ausgesetzt, um diese Länder zu destabilisieren. Und zeitweise trainierten die Söldner der Wagner-Truppe in Belarus: Eine offene Drohung.
Der hybride Krieg Russlands im Baltikum dient offensichtlich dazu, Unruhe zu stiften und die Nato zu testen, ob sie die kleinen baltischen Länder auch tatsächlich militärisch schützen wird. Die Vergangenheit, die Besetzung des Baltikums durch Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg, ist angesichts der russischen Bedrohung kein Thema mehr in Litauen. «Wir wollen deutschen Leadership in Europa», fordert der litauische Verteidigungsminister Kasciunas.