Als das Coronavirus Anfang März in Italien zeigte, wie schnell und gefährlich es sich ausbreitet, bat Italien um europäische Hilfe. Gekommen sind Schutzausrüstungen und medizinische Produkte aus China und Russland.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen musste Druck auf die Mitgliedsstaaten ausüben, damit diese sich solidarisch zeigen. Italien bittet die EU-Mitgliedsstaaten aber nicht nur um Schutzausrüstungen und Hilfe in der Behandlung von erkrankten Personen, sondern auch um Geld. Die drittgrösste Volkswirtschaft der EU kann von einer auf die Corona-Krise folgende Rezession besonders hart getroffen werden.
Um weiterhin an Geld zu kommen, fordert der italienische Premierminister Giuseppe Conte auch hier europäische Solidarität. Anders formuliert: Conte möchte eine gemeinsame Verschuldung der Euroländer über sogenannte Corona-Bonds. Und damit ist er nicht allein. Neun Staaten der Eurozone, darunter Frankreich, Spanien und Italien, fordern in einem Brief an Ratspräsident Charles Michel solche Finanzinstrumente, um die Folgen der Corona-Krise solidarisch und gemeinsam zu bewältigen.
Es mag fast wie ein Déjà-vu anmuten: Während der Eurokrise vor gut zehn Jahren gab es diese Diskussionen schon einmal. Damals forderten die ärmeren Südländer eine gemeinsame Unterstützung. Und schon damals waren die reicheren Nordländer wie Deutschland, die Niederlande oder Finnland gegen eine Vergemeinschaftung von Schulden. Daran hat auch die Corona-Pandemie bis jetzt nichts geändert.
Die Furcht vor der Schuldenvergemeinschaftung
Das Prinzip der Corona- oder Euro-Bonds basiert darauf, dass die Euroländer zu niedrigen Zinsen gemeinsame Anleihen herausgeben. Die Länder würden mit Corona-Bonds solidarisch für die Schulden eines Eurolandes bürgen.
Dieses Finanzierungsinstrument wäre für hoch verschuldete Länder wie Italien oder Spanien von Vorteil. Sie müssten weniger Zinsen auf Kredite und Anleihen bezahlen und kämen so zu mehr Geld. Reichere Länder wie die Niederlande und Deutschland müssten auf ihre Kredite höhere Zinsen bezahlen.
Dies ist allerdings nicht das Hauptargument der reicheren Nordländer gegen die Corona-Bonds. Viel mehr geht es um das Risiko, dass Steuerzahler aus Deutschland oder Österreich für die Schulden Italiens bezahlen müssten. Zudem könnte eine solche Schuldenvergemeinschaftung dazu führen, dass hoch verschuldete Länder Reformen zur besseren Haushaltspolitik vernachlässigen könnten.
Auch wenn auf europäischer Ebene Kommissionspräsidentin von der Leyen davon spricht, dass Corona-Bonds ein mögliches Finanzinstrument sein könnten, sind sie politisch kaum mehrheitsfähig. Wahrscheinlicher ist, dass der gemeinsame Euro-Rettungsschirm (ESM) aktiviert wird.
Der Euro-Rettungsschirm: ein alter Bekannter
Der Euro-Rettungsschirm wurde während der Eurokrise geschaffen, um hoch verschuldete Länder mit Krediten zu unterstützen. Kredite, die an strikte Auflagen gebunden sind. Zurzeit verfügt der ESM über rund 410 Milliarden Euro, die über sogenannte Kreditlinien allen Staaten zur Verfügung gestellt werden könnten.
Von Staaten wie Italien wird gefordert, dass diese ESM-Kredite nicht an Auflagen, wie beispielsweise Sparrunden, gebunden wären. Diese Auflagen würden dazu führen, dass Staaten wie Italien oder Spanien enorm sparen müssten, was in der aktuellen Situation für die Ankurbelung der Wirtschaft nicht vorteilhaft wäre.
Die hoch verschuldeten Südländer fordern bezüglich des Finanzinstruments Solidarität von den Eurostaaten. Auch die Nordländer sind an einer europäischen Solidarität interessiert. Allerdings ist diese ohne Bedingungen nicht zu haben.