Der Kronfavorit: Der Kandidat mit den wohl besten Chancen auf das Amt des Premierministers ist Nawaz Sharif, Chef der Muslim-Liga (PML-N). Er stammt aus einer einflussreichen Industriellen-Familie in Lahore und war bereits drei Mal Premierminister. Bei der letzten Parlamentswahl 2018 trat Sharif nicht an, weil er wegen eines Korruptionsskandals im Gefängnis sass. Sechs Jahre später ist er zurück. Der Oberste Gerichtshof hat ihn von allen Vorwürfen freigesprochen und den Weg für ein öffentliches Amt freigemacht. Viele vermuten, dass das allmächtige Militär dabei geholfen hat.
Der bekannte Name: Neben Nawaz Sharif stellt sich auch Bilawal Bhutto-Zardari mit seiner Pakistan People's Party (PPP) zur Wahl. Der 35-Jährige ist Sohn der 2007 ermordeten früheren Premierministerin Benazir Bhutto und des früheren Präsidenten Asif Ali Zardari. Bhutto-Zardari war zwischen 2022 und 2023 kurzzeitig Aussenminister. Seine Partei hat versprochen, die Löhne zu verdoppeln, sollte sie an die Macht kommen. Doch das ist eher unwahrscheinlich: Bei den letzten Wahlen 2018 landete die PPP auf Rang drei. Die Partei könnte aber Junior-Partnerin einer Koalitionsregierung mit Sharifs Muslim-Liga werden.
Der grosse Abwesende: Oppositionsführer Imran Khan ist gemäss einer Gallup-Umfrage der beliebteste Politiker Pakistans. Aber der 71-Jährige darf mit seiner PTI (Pakistan Tehreek-e-Insaf) nicht bei der Wahl antreten. Der frühere Cricket-Star Khan wurde u.a. wegen Korruption verurteilt und ist für viele Jahre von politischen Ämtern ausgeschlossen.
Khan war zwischen 2018 und April 2022 Premierminister. Dann verlor er die Unterstützung des Militärs und wurde per Misstrauensvotum gestürzt. Seine Partei hat bei der Wahl kaum eine Chance: Die Wahlkommission teilte ihr kein Wahlsymbol zu. Da viele Pakistaner nicht lesen können, kommt das dem Ausschluss der Partei gleich. PTI-Kandidatinnen und Kandidaten können nur als Unabhängige antreten – mit eigenem Wahlsymbol.
Die Rolle des Militärs: Pakistan wurde seit der Gründung 1947 insgesamt 33 Jahre lang von Generälen regiert. Das Militär gilt als Staat im Staat und zieht die Strippen im Hintergrund – auch, wenn das Militär selbst jede Einflussnahme auf die Politik bestreitet.
2018 soll das Militär eine entscheidende Rolle beim Aufstieg Imran Khans zum Premierminister gespielt haben – und auch bei dessen Sturz 2022. Auch Nawaz Sharifs zweite Amtszeit als Premierminister wurde 1999 durch einen Militärcoup vorzeitig beendet. Das Militär ist auch wirtschaftlich einflussreich: Die Generäle besitzen Hunderte von Unternehmen und Zehntausende Hektar Agrarland.
Die Wirtschaftskrise: Der Schuldenberg des Landes ist hoch. Nur ein IWF-Kredit von drei Milliarden Dollar hat das Land im letzten Jahr vor dem Bankrott bewahrt. Um die Einnahmen zu erhöhen, hat die Regierung die Steuern erhöht und die Preise für Strom, Benzin und Gas verteuert. Das trifft vor allem die kleinen Leute und den Mittelstand.
Viele Pakistaner erhoffen von der neuen Regierung vor allem, dass sie die Inflation in den Griff bekommt. Gleichzeitig sind die Erwartungen an die nächste Regierung tief: Die Wahl ist sehr polarisiert und nicht fair. Das mindert die Glaubwürdigkeit der nächsten Regierung und könnte sie instabil machen. Eine schlechte Voraussetzung für grosse strukturelle Reformen, die notwendig wären, um die Wirtschaft wieder auf Trab zu bringen.