Dem Afghanen Ahmad, seiner Frau und seiner kleinen Tochter stehen 160 Euro pro Monat zu. Die Familie lebt in einem abgelegenen Flüchtlingscamp auf dem griechischen Festland, etwa 80 Kilometer von Athen entfernt. Obwohl die Familie nach wie vor Anspruch auf die Geldhilfe hat, hätten sie seit Monaten keinen Cent mehr bekommen, sagt Ahmad.
«160 Euro ist vielleicht wenig Geld – aber für uns bedeutet es die Welt», sagt er. Sie hätten den Betrag vor allem für Transportkosten ausgegeben – um ins Spital zu gelangen oder zur Asylbehörde in Athen. Seine Frau sei von der Flucht traumatisiert, vor zehn Monaten habe sie eine Psychotherapie begonnen.
Wir können uns die Medikamente für meine Frau nicht mehr leisten.
«Doch ohne die staatliche Geldhilfe konnte sie in den letzten Monaten nicht zu den Sitzungen fahren. Und die Medikamente, die ihr verschrieben wurden, konnten wir uns auch nicht leisten», klagt Ahmad. Er und seine Familie sind kein Einzelfall.
Seit Mai hat niemand Geld erhalten
Probleme mit der Geldhilfe für Geflüchtete gibt es immer wieder. Mal verspätet sich die Auszahlung oder neu registrierte Asylsuchende warten monatelang, bis sie zum ersten Mal Geld erhalten. Dieses Mal aber seien alle Geflüchteten landesweit betroffen, sagt Minos Mouzourakis, Rechtsanwalt bei der Hilfsorganisation Refugee Support Aegean. Alle hätten seit Mai kein Geld mehr erhalten.
«Und dabei ist Griechenland laut EU-Recht dazu verpflichtet, diese Geldhilfe zu gewähren», betont er. «Griechenland muss diesen Menschen neben einer Unterkunft auch einen Geldbetrag geben, damit sie ihre wichtigsten Bedürfnisse decken können.»
Private Organisationen involviert
Die Finanzierung seitens der EU für die Hilfsprogramme sei gegeben, so Mouzourakis. «Aber es liegt an Griechenland, dafür zu sorgen, dass alles reibungslos verläuft und es keine Unterbrechungen gibt.»
Vor allem, wenn noch Partnerorganisationen involviert seien, wie es in der Flüchtlingspolitik oft der Fall sei, könnten aber Probleme zwischen dem Staat und der Organisation auf die Flüchtlinge weitergetragen werden, betont er. Das sei etwa dann der Fall, wenn die Mitarbeitenden nicht rechtzeitig bezahlt würden. Da könne es vorkommen, dass Partnerorganisationen sogar vorübergehend ihre Arbeit einstellten.
Ich werde einen neuen Termin für meine Frau beim Psychologen machen und ihr ihre Medikamente kaufen.
Leidtragende sind am Ende die Geflüchteten. Die EU müsste da strenger durchgreifen und könnte Griechenland sogar vor den Europäischen Gerichtshof zerren, sagt der Rechtsanwalt. Schliesslich breche die griechische Regierung europäisches Recht, wenn sie ihre Verpflichtungen gegenüber den Asylsuchenden nicht einhalte.
Bald soll das Geld wieder bezahlt werden
Inzwischen gibt das griechische Migrationsministerium Entwarnung: Die Probleme seien behoben, die ersten Geldbeträge sollen in den nächsten Tagen ausbezahlt werden. Der Afghane Ahmad weiss bereits, was er mit dem Geld machen wird: Winterkleidung für Ehefrau und Tochter kaufen.
«Ausserdem werde ich einen neuen Termin für meine Frau beim Psychologen machen und ihr ihre Medikamente kaufen. Ich lebe in der Hoffnung, das ausstehende Geld nachträglich zu bekommen.»
Doch alle Monatsbeträge seit Mai wird Ahmad nicht auf einmal bekommen. Das Ministerium will als Erstes die Monate Mai und Juni auszahlen. Ahmad würde also 320 Euro bekommen. Nach und nach soll dann auch das Geld für die restlichen Monate fliessen.