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Reaktion auf Ukraine-Krieg Polens Teenager müssen schiessen lernen

Nach dem Überfall Russlands aufs Nachbarland Ukraine müssen Polens Teenager früh an die Waffen. Eine Übersicht.

Darum geht es: Schiessen als Pflichtfach in der Oberstufe wie Mathematik oder Sprachen. Das ist in Polen seit diesem Schuljahr so. Auf Sekundarstufe lernen die Schülerinnen und Schüler neu den Umgang mit Waffen. Der Unterricht ist eine Folge des russischen Angriffs auf das Nachbarland Ukraine. Ganz Polen soll wehrhaft werden, findet die Regierung und fängt bei der jungen Generation an. Das hat auch starke historische Wurzeln.

Das neue Pflichtfach: In der achten und neunten Klasse im Alter von 14 bis 15 Jahren erhalten die Schülerinnen und Schüler ab diesem Schuljahr sowohl theoretischen als auch praktischen Unterricht im Umgang mit Waffen. Sie lernen sichern, entsichern, laden, entladen und erhalten dann letztlich auch Schiessunterricht. Der Themenbereich «Erziehung zur Sicherheit» wurde zwar bereits vor zwei Jahren im Kontext des Krieges in der Ukraine eingeführt. Das Schiesstraining in den Schulen ist nun aber ab diesem Jahr obligatorisch.

Die Reaktionen im Volk: Der neue Unterricht sei in Polen relativ gut akzeptiert, schätzt Jan Opielka, freier Journalist in Polen. Widerstand von Eltern oder Eltern- oder Lehrervereinigungen gebe es kaum. In einer landesweiten Umfrage bei der Einführung Anfang September sprachen sich allerdings nur 41 Prozent der Erwachsenen für diesen Unterricht an der Waffe aus. 45 Prozent waren dagegen, wobei sich vor allem Frauen negativ äusserten. Überwiegend positiven Anklang findet das Pflichtfach wiederum bei den unter 24-jährigen Befragten.

Jugendlicher beim Schiessen.
Legende: Das neue Pflichtfach Schiessen in der Oberstufe der polnischen Schulen löst kaum Widerstand aus. Der frühe Umgang mit Waffen wird aber auch kritisch gesehen. (Symbolbild) Shutterstock/Etonastenka

Die Erklärung: Die widerstandslose Akzeptanz des Schusswaffentrainings für 14-Jährige trotz Bedenken einer relativen Mehrheit liege wohl im historischen Kontext Polens, sagt Opielka: Sozialpsychologische Studien weisen auf die traumatischen Erlebnisse des Zweiten Weltkriegs hin. Dazu kommt die sowjetische Unterdrückungszeit bis 1989. Dass gerade auch Jugendliche mit einer Waffe in Polen stärker akzeptiert sind als in westlichen Staaten, hängt laut Opielka auch mit dem Warschauer Aufstand von 1944 gegen die deutsche Besatzung zusammen: An diesem nahmen auch damalige Jugendliche teil, die heute zum Teil noch leben und als Helden gefeiert werden. Der Aufstand wird als eines der wichtigsten historischen Ereignisse gefeiert.

Das Ziel der Regierung: Die polnische Regierung begründet das neue Pflichtfach für Jugendliche damit, dass ganz Polen wehrhaft sein müsse. Im Fall des Ukraine-Kriegs wären kurz- und mittelfristig allerdings junge Männer betroffen. Dass man trotzdem in die Altersgruppe der 14- und 15-Jährigen investiert, hänge mit den Plänen für die Stärkung und Erweiterung der Armee durch Männer und Frauen in den kommenden Jahren zusammen, so Opielka. Demografische Analysen zeigen, dass die Armee spätestens ab 2027 massive Rekrutierungsprobleme haben dürfte.

Krieg in der Ukraine

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SRF 4 News aktuell, 18.12.2024, 06:47 Uhr ; 

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